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Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38)

der Mensch seine Habe. Die Reichen, welche weise sind, schicken sich von ihrem Besitze voraus, wie Job sagt:[1] „Meine Zeugen sind im Himmel“ und: „Meine Brüder und Freunde sind bei Gott.“ Auch unser Herr befiehlt den Besitzenden, daß sie sich Freunde im Himmel verschaffen und ihre Schätze daselbst anlegen sollten.[2] Gedenke auch du, o weiser Schriftgelehrter, des Todes, auf daß dein Herz nicht hochmüthig werde und du an das Gericht zu denken vergessest! Denn der Tod verschont nicht die Weisen und ist nicht parteiisch zu Gunsten der Klugen. Er führt zu sich hinweg die weisen Schriftgelehrten, und sie vergessen, was sie gelernt haben bis zur Zeit der Auferstehung aller Gerechten. An jenem Orte vergißt man diese Welt; dort ist keine Bedürftigkeit mehr. Die Seligen lieben sich unter einander mit vollkommener Liebe. Ihre Körper sind nicht mehr schwerfällig, sondern sie fliegen leicht, wie Tauben zu ihren Höhlungen. Er kommt durchaus nichts Böses mehr in ihren Sinn, und nichts Unreines regt sich in ihrem Herzen. An dieser Stätte ist die natürliche Begierde geschwunden, und weit sind alle Lüste von ihr entfernt. Nicht erhebt sich in den Herzen der Seligen Zorn oder Sinnlichkeit; alle Ursachen der Sünde sind von ihnen hinweggeräumt. In ihren Herzen glüht brüderliche Liebe, und keine Spur von Haß bleibt darin zurück. Dort brauchen sie keine Häuser zu bauen, denn sie weilen im Lichte, in den Wohnungen der Heiligen. Sie bedürfen keines gewebten Gewandes, denn sie sind mit Licht bekleidet auf ewig. Sie bedürfen keiner Speise, denn sie sitzen am Tische Gottes und werden da ewig genährt. Die Luft ist dort lieblich und wonnig, ihr Licht strahlend, schön und klar. Daselbst sind prachtvolle Bäume gepflanzt, welche stets Früchte tragen, und deren Blätter nicht abfallen. Ihr Laub ist herrlich, ihr Arom


  1. Vgl. Job 16, 20–21; jedoch hat Aphraates den Sinn dieser Stelle verfehlt.
  2. Vgl. Luk. 16, 9; 12, 33; Matth. 6, 20.
Empfohlene Zitierweise:
Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38). Jos. Koesel’sche Buchhandlung, Kempten 1874, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BKV_Erste_Ausgabe_Band_38_138.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)