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Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38)

Weil ich aber weiß, daß die Erwartung eueres Gehörs und die Aufmerksamkeit eueres Verstandes darauf gerichtet ist und erwartet, von uns Rechenschaft über unseren Glauben zu vernehmen, und durchaus von uns die Wahrheit über Christus zu wissen verlangt, so sind wir durch euere Liebe gezwungen, über solche Dinge vor euch zu reden, welche man eigentlich nur im Schweigen des Glaubens verehren sollte. Die Frage nun, über welche ihr verhandelt, ist folgende: ob die Jungfrau Maria in Wahrheit Mutter Gottes sei oder nur uneigentlich so genannt werde, oder ob sie vielleicht gar nicht einmal mit diesem Namen bezeichnet werden dürfe. Wir aber sagen, weil unsere Hoffnung, die ja unser Leben ist, feststeht, und weil unsere Zuversicht, deren wir uns rühmen, glaubwürdig ist, mit lauter Stimme ohne Scheu, daß Maria Mutter Gottes ist und mit vollem Rechte als solche gepriesen wird. Denn der Gott Logos, welcher im Himmel seiner Natur nach keine Mutter hatte, erwählte sie auf Erden nach seinem Wohlgefallen zu seiner Mutter. Ruft ja doch der Apostel aus: „Gott sandte seinen Sohn, und er ist geworden aus einem Weibe.“ Wenn jedoch Jemand wagen würde, zu behaupten, sie habe den Gott Logos seiner Natur nach geboren, so würde er nicht nur nicht gut sich ausdrücken, sondern gradezu ein falsches Bekenntniß ablegen. Denn wir nennen die heilige Jungfrau nicht deßhalb Mutter Gottes, als ob sie die Gottheit ihrer Natur nach geboren hätte, sondern weil der Gott Logos, als er Mensch wurde, aus ihr geboren worden ist. Denn es steht ja also geschrieben: „Eine Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, dessen Namen man Emmanuel nennen wird, das bedeutet: Unser Gott mit uns.“ Unser Herr hat aber nicht etwa seinen ersten Anfang von der seligen Jungfrau erhalten (denn das Wort war ja nach dem Zeugnisse des Johannes im Anfang bei seinem Vater), sondern Christus ist um seiner Barmherzigkeit willen aus ihr im Fleische erschienen, Er, welcher seiner Natur nach Gott über Alles ist.

Verzeihet, Geliebte, die Schwäche unserer Rede, da wir

Empfohlene Zitierweise:
Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38). Jos. Koesel’sche Buchhandlung, Kempten 1874, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BKV_Erste_Ausgabe_Band_38_241.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)