Seite:Badisches Sagenbuch 010.jpg

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erwuchs er länderlos am Hofe der Herzoge von Bayern, indessen Fürsten und Reichsvasallen dem reichen Richard von Cornwallis, Bruder des Königs von England, zu Worms huldigten, der zugleich mit Kaiser Philipps Enkel, Alphons von Castilien, die gierigen Hände nach Schwaben ausstreckte (1259 n. Ch.). Erst als die Beiden, doch nur Schattenkönige, vom Schauplatz abgetreten waren (1260), erhoben sich die Freunde der Staufen wieder und einige echt teutsch Gesinnte faßten nochmals den Gedanken, den letzten Hohenstaufen auf den Thron zu setzen. Vergebens schleuderte Papst Urban Verbote und Gegenerklärungen. Eberhard Truchseß von Waldburg, Bischof von Constanz, hatte sich erkühnt, die Vormundschaft und den Schutz Conradins zu übernehmen. Mit kleinem Gefolge war der eilfjährige Knabe in sein väterliches Erbe gekommen. Seine Freunde hatten ihn zu Ulm und Rotweil Fürstentage halten lassen. Dann lebte er einige Zeit in Ravensburg und stieg endlich herab an die Ufer des Bodensees. Zeitgenossen schildern ihn als einen lieblichen und wunderschönen Jüngling von gebildeter Erziehung und der lateinischen Sprache so kundig, daß er sich aufs Vollkommenste darin auszudrücken wußte.

Seinen edeln Geist entwickelte das tragische Schicksal seines Hauses, die Freundschaft, die Natur, deren heitere und belebende Einwirkung der zarte Jüngling an den blühenden Ufern des Sees tief empfand, und welche ihn vielleicht hier zu den, Jugendlust und doch ahnungsvolle Trauer athmenden Frühlingsgesängen in seiner schwäbischen Muttersprache begeisterten, wie wir sie gleich zu Anfange die Manesse’sche Minneliedersammlung schmücken sehen.

So zog er in seinem väterlichen Herzogthum umher, um aus den Trümmern des Hohenstaufischen Erbes Mittel zu seinem italienischen Kriegszuge zu sammeln. In Arbon, dicht am Gestade des See’s, verlebte er ein halbes Jahr und verlieh, „wegen der langen Gegenwart Unsrer Diener und Unsrer Hoheit,“ den Bürgern das Gericht und den Blutbann. Armer Conradin! was für süße Hoffnungen sproßten damals in deiner jungen Brust auf, als du um diese Zeit, bei der kleinen Stadt Engen im Hegau, dem Grafen Rudolf von Habsburg die Anwartschaft auf die Kyburgischen Reichslehen gabst, „wenn du erwählt und ernannt, die höchste Stufe, den Thron des römischen Reichs erstiegen haben würdest!“ Diesem Rudolf, der wenig Jahre nachher, auf dem Schutte der Hohenstaufen, sich und seinem Hause einen länger dauernden Thron errichtete; aber die Stufen, die du erstiegst, königlicher Jüngling, führten dich zu dem Mordblocke, auf welchem dein edles Haupt fiel!

(Aus des Freiherrn von Laßberg’s Bildersaal, II. S. 89.)


2) Das Blühen des See’s hat derselbe wohl mit mehreren Landseen gemein. Im März sind nämlich oft ganze Strecken seines Wassers mit einem gelben Staube bestreut, der sich bald schleimig zusammenhängt, und erst nach tagelangem Umherschwimmen verschwindet. Diese Erscheinung

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)