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Diese Gelegenheiten benützte man oft zu ausgedehnten Lustparthieen auf dem Eise; so hielten 1573 zweihundert Constanzer Bürger zu Fuß und zu Pferd die Aschermittwochschlacht auf dem See. Im Jahr 1695 gab die Stadt Arbon ein Freischießen auf demselben. Auch im Jahr 1830 fanden mehrere Belustigungen darauf Statt; Krämerbuden, Schenkzelte waren aufgeschlagen, Musikbanden spielten auf, Kegel wurden geschoben und eine Menge Leute lustwandelten sorglos auf der glatten Fläche hin und her.


Constanz.

Petershausen.

Graf Gero von Montfort.[1]

Von Montfort war’s der greise Graf,
Gesättigt von dem Leben,
Der sah den blauen See im Schlaf,
Und stille Kähne schweben,

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Auf Wasser, Erd’ und Himmel Ruh’;

Da flog sein Herz dem Frieden zu.

Und als vom Traum er aufgewacht,
Da ruft er seine Knechte,
Hat sie belobt und gut bedacht,

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Nimmt Abschied vom Geschlechte,

Verläßt die Herrschaft und das Schloß,
Und zieht zum fernen Strand zu Roß.

Wie nun er an das Ufer trabt,
Hört guten Wind er sausen,

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Und trifft am Strand den frommen Abt

Vom heiligen Petershausen,
Dazu ein Schiff, die Segel voll;
O wie sein Herz von Sehnsucht schwoll!


  1. [16] Graf Gero, der Familie von Montfort angehörig und Herr von Pfullendorf, beschloß im höheren Alter, der Welt zu entsagen und in dem Kloster Petershausen dem Himmel zu leben. Voll Sehnsucht nach dieser Ruhestätte entdeckte er am See, auf einer Reise begriffen, sein Vorhaben dem Abte jenes Klosters; setzte sich mit ihm zu Schiffe und segelte dem Hafen zu; aber ihn sollte noch eine stillere Ruhestätte aufnehmen. Er ward noch auf der Fahrt schwer krank; und an der schmalen Landzunge, die unweit Constanz sich in’s Wasser streckt und schon damals das Eich-Horn hieß, starb der Greis im Schiffe, das jetzt den Todten wiegte, wie es einst den Säugling gewiegt hatte; denn er war zu Schiff auf dem Bodensee geboren. Seine Hülle ward an der Stätte seiner Sehnsucht, zu Petershausen, bestattet.
    (Siehe Gustav Schwab: „Der Bodensee nebst dem Rheinthale etc.“)
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_014.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)