Seite:Badisches Sagenbuch 016.jpg

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So hell in seinen Ohren;
Er schlug die Augen auf und rief:
„O Mutter, wie so tief ich schlief!“

Er schließt die Augen wieder zu,

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Noch tiefer fortzuschlafen:

Steh, Nachen, still! nicht eile du!
Dein Gast ist schon im Hafen.
Der Abt zu seinen Füßen kniet,
Ihn mit dem letzten Trost versieht.

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Bringt ihn zum heil’gen Haus hinab,

Legt in den Chor den Frommen;
Dort rauscht die Fluth, die einst ihn gab,
Und die ihn jetzt entnommen;
In süßem Frieden, frei von Harm,

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Ruht er der Welle dort im Arm.
Gustav Schwab.


1) Graf Gero, der Familie von Montfort angehörig und Herr von Pfullendorf, beschloß im höheren Alter, der Welt zu entsagen und in dem Kloster Petershausen dem Himmel zu leben. Voll Sehnsucht nach dieser Ruhestätte entdeckte er am See, auf einer Reise begriffen, sein Vorhaben dem Abte jenes Klosters; setzte sich mit ihm zu Schiffe und segelte dem Hafen zu; aber ihn sollte noch eine stillere Ruhestätte aufnehmen. Er ward noch auf der Fahrt schwer krank; und an der schmalen Landzunge, die unweit Constanz sich in’s Wasser streckt und schon damals das Eich-Horn hieß, starb der Greis im Schiffe, das jetzt den Todten wiegte, wie es einst den Säugling gewiegt hatte; denn er war zu Schiff auf dem Bodensee geboren. Seine Hülle ward an der Stätte seiner Sehnsucht, zu Petershausen, bestattet.

(Siehe Gustav Schwab: „Der Bodensee nebst dem Rheinthale etc.“)


Tegelstein.

Auf der Burg Tegelstein am Bodensee lebte einst eine reiche Wittwe, Anna von Tegelstein, mit ihrem Sohne und drei Töchtern. Sie war eine überaus stolze Frau und gönnte den Armen kaum die Luft und das Brod. Eines Tages kam auf die Burg eine Pächterin aus der Gegend, in Trauer gekleidet

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_016.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)