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Und auch der Heerde, der verlornen,
Zum reinen Quell die Pfade wies.

Da traf ihn Rom mit seinem Fluche
Und Prag mit seinem Interdict:

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„Er hat, o lest’s in seinem Buche,

Den Aufruhr in die Welt geschickt!
Dich Ketzer, soll die Flamme taufen,
Nun ist’s genug des sünd’gen Spiels!“ –
Da schleppten ihn zum Scheiterhaufen

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Die heil’gen Väter des Concils.


Und sieh, nun steht er vor Gerichte,
Ein Held, der keine Rachsucht hegt;
Die Flamme wird zum Siegeslichte,
Das ihn verklärt zum Himmel trägt.

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Was bist du, düstrer Priester, kommen

Mit Kreuz und Hostie und Gesang?
Soll dein Gebet dem Sieger frommen
Der schon den Himmel sich errang?

„Dem Rhein die Asche!“ – Laßt das Pochen,

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Und stellt euch selber vor Gericht!

Zwar das Gefäß habt ihr zerbrochen,
Den Quell jedoch, den hemmt ihr nicht.
Mit Jubel braust er in die Lande,
Befreit aus langer Kerkerhaft,

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Und schlagt ihr gleich den Leib in Bande,

Am Geist zersplittert eure Kraft!

Friedrich Otte.


Johannes Huß.
(1415.)

Erscheinst du mir aus Edens milder Zone,
Wo nicht der Bann dem frommen Denker droht,
O Huß, geschmückt mit einer Lorbeerkrone,
Wie kein Granikus[1] sie dem Helden bot?

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Bewährter Kämpfer an der Wahrheit Throne,

Du warst dem Ruf getreu bis in den Tod,


  1. [32] Granikus hieß der Fluß in Phrygien (Klein-Asien) an welchem Alexander der Große die berühmte Schlacht gewann.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)