Widerruf, so lange man ihn nicht aus der heiligen Schrift eines Irrthums überführen könne. Das Gericht wurde auf dem Marktplatze zu Meersburg öffentlich abgehalten. Nur mit Mühe konnte Heuglin die Erlaubniß erwirken, sich gegen die einzelnen Anklagepunkte vor dem Volke zu vertheidigen. Er that es mit jener Kraft der Ueberzeugung, die auch den Schwächsten muthig und beredt macht. Als der Punkt kam, worin man ihn beschuldigte, das Fegefeuer geleugnet zu haben, rief er aus: „Lieber Gott, ich mußte durch die Schmerzen im Gefängnisse und auf der Folterbank wohl Fegfeuer genug empfinden!“ und fing an zu weinen. Viele der Zuschauer vergossen ebenfalls Thränen, während der bischöfliche Vikar höhnisch lächelte. Als Heuglin dies bemerkte, frug er ihn: „Warum lachet Ihr über mich? Ich bin ein armer, verlassener Mann, der das Auslachen nicht verdient! Gott vergeb’ es Euch, Ihr wisset nicht, was Ihr thut!“ – Aber ungeachtet der klarsten Darlegung seiner Unschuld wurde Heuglin nun zum Tode verurtheilt, sogleich auf die Richtstätte abgeführt und als Ketzer und Feind der Kirche verbrannt!
Ritter Benno liegt gebunden
In des Kerkers ödem Grab,
Fleht um Tod im Schmerz der Wunden,
Die des Bruders Hand ihm gab,
Um der Schönsten Liebesblick,
Seines Lebens Reiz verschlungen,
Seiner Hoffnung stilles Glück.
Horch! es hallen tiefe Glocken
In der Chöre Festfrohlocken
Und der Liebe Morgen tagt:
„Macht mich frei, ihr Himmelsworte,
Liebe, Liebe, brich mir Bahn!“
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_059.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)