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Er zerreißt die Kerkerpforte,

Schreitet zu dem Dom hinan.

Hingegossen auf die Stufen
Sieht er die Beglückten knie’n,
Hört ihr ewig Ja sie rufen, .

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Klirrt in seinen Ketten hin:

„Ja und Ja! du Donnerstimme,
Ja, ach Ja, du richtest mich!
Brich mein Himmel denn im Grimme,
Und mein Engel berge sich!“

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Im bekränzten Ahnensaale

Schwelgt im Fackeltanz das Paar.
Wer erscheint mit dem Pokale,
Beut ihn der Vermählten dar?
„Nimm ihn hin, den Trank, den herben,

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Drinn ist meiner Zähren Fluth;

Leer’ ihn froh auf mein Verderben,
Wie dein Gatte trank mein Blut!“

Ueber seine Schwelle leise
Tritt die Auserwählte ein;

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Dem mit Blut erkauften Preise

Will er sich in Wonnen weih’n.
Aber, – wie vom Schreck Gemähte,
Taumeln sie vom Kuß zurück.
Er ist hier auch, der Verschmähte,

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Mit dem hohlen Todesblick.


„Zu ermessen was mir fehle,
Sah ich tief das Glück, die Lust;
Doch gestillt ist meine Seele,
Ausgerungen hat die Brust.

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Aus der bangen Kerkerzelle,

Wo von Liebe Liebe litt,
Bau ich meine Himmelsschwelle,
Fleh’ um euren Eingang mit!“

Süßer als der Lieb’ Erwarmen,

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Wonniger als ihr Genuß,
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_060.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)