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Sie saßen zu Bodmann beim fröhlichen Mahl,
Der Vater, die Mutter, die Kinder im Saal,

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Die Söhne, die Töchter, wie Rosen und Schnee,

Das edelste, schönste Geschlecht am See.

Viel Gäste beglänzet vom Sonnenschein,
Sie tranken und sangen beim Königswein,
So wie ich heut trinke und singe mein Lied;

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Der Abend von festlicher Lust sie nicht schied.


Die Nacht kam heran mit Wetter und Wind,
Des stürmischen See’s verstohlenem Kind,
Die Wolken sie sammeln sich über dem Haus,
Doch gehen die Lampen im Schlosse nicht aus.

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Die Gäste, sie tanzen Thür aus und Thür ein,

Die Wolken auch führen den nächtlichen Reih’n,
Es sprühen die Fackeln in Gang und Saal,
Die Blitze, die spähen mit gierigem Strahl.

Und in der Schalmeien und Flöten Gesang

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Spielt heimlich des Donners begleitender Klang,

Noch rauschet im Saale das Spiel und der Witz,
Da schlägt durch die Decke der zackige Blitz.

Und Flammen umwölken den mächtigen Saal,
Ersticken die Gäste, verzehren das Mahl;

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O Wasser und Himmel, wie glänzt ihr so hell,

O herrlich Geschlecht, wie vergehst du so schnell!

Der Vater, die Mutter, todt liegen sie schon;
Ach, dringt zu der Thüre kein blühender Sohn?
Die zuckende Flamme läßt Keinen hinaus,

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Es fällt auf die Leichen das wankende Haus.


Da dringt durch Flammen und Feuers Schwall
Die Amme, die treue, heraus auf den Wall,
Sie trägt auf den Armen ein wimmerndes Kind,
Sie hat es enthoben der Wiege geschwind.

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Sie stößt einen Kessel durch Gluth und Flamm’,

Im Schloß ist verlodert der edle Stamm,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_076.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)