Seite:Badisches Sagenbuch 103.jpg

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von Frondsberg Befehl, gegen Hohenkrähen aufzubrechen und die Friedensstörer auf’s derbste zu züchtigen.

Frondsberg galt mit Recht für einen trefflichen Kriegsmann; aber die vortheilhafte Lage der Burg Hohenkrähen drohte eine Belagerung sehr schwierig und langwierig zu machen. Zudem war die Veste hinreichend mit Mannschaft und Geschütz versehen und man durfte gewiß seyn, daß die beiden Ritter das Aeußerste wagen würden, weil dabei Alles auf dem Spiele stand. Frondsberg sah zur Bezwingung der Burg kein anderes Mittel vor sich, als den Hunger und er schloß sie darum auf das Engste ein. Die Belagerung dauerte bereits einige Wochen, als Friedinger eines Tages, wie er gewöhnlich that, einen der Thürme bestieg, um zu erspähen, ob die Belagerer ihre Stellung noch nicht verändert hätten. Da ward er einen jungen Ritter gewahr, der ziemlich nahe zur Burg heransprengte, als ob er etwas auskundschaften wolle. Friedinger riß der Wache neben ihm die Büchse aus der Hand, legte an und drückte los, aber das zu stark geladene Gewehr zersprang und zerschmetterte ihm den Arm. Der Schmerz, den er umsonst zu meistern suchte, so wie der große Blutverlust zogen ihm eine Ohnmacht zu, und er wurde durch einige Soldaten, welche die Wache herbeirief, auf sein Gemach getragen. Der Wundarzt erklärte, der Ritter könne nur durch Abnahme des Arms gerettet werden, aber Friedinger warf ihm einen furchtbaren Blick mit den Worten zu: „Geh’, Pfuscher, und übe deine Kunst an den Memmen, die das Leben als ein Almosen haben, und es darum in seiner zerlumptesten Gestalt noch immer als eine köstliche Gabe in Ehre halten!“

Hierauf ließ er Haußner vor sein Lager rufen und sagte zu ihm:

„Ich bin ein Stamm, welcher zu Boden fällt, nicht weil seine Wurzeln abgefault sind, sondern durch die eiserne Hand des Schicksals; denn länger vermag sich die Burg doch nicht zu halten, da unsre Lebensmittel doch nur noch auf vierzehn Tage reichen. Nimm deine Leute und auch alle die meinigen, denen es darum zu thun ist, ihre Haut in Sicherheit zu bringen, und ziehe diese Nacht durch den unterirdischen Gang ab, der euch über die Linie der Belagerer hinausbringt.“

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_103.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)