Der Nixen nun trüber und trüber:
„Ach, lieben Freunde!“ sprachen sie leis,
„Jetzt ruft uns des Vaters strenges Geheiß,
Wir müssen zur Heimath hinüber.“
Da widerstanden sie nimmer dem Drang,
Und sprachen zu ihnen mit Leiden:
„Ach, wie’s vor der Strafe so sehr uns bangt!
Ach, bis wir hinüber zum See gelangt,
Drauf eilten sie fort von dem Hochzeitstanz,
Und wie sie gingen im Mondesglanz,
Da horchten die Schwestern mit Grausen:
„Ach, hört ihr wohl, wie der Vater keift!“
Die hörten den See nur brausen.
Jetzt standen die Nixen am schilfigen Rand
Und reichten den Burschen die weiche Hand
Und ließen sich herzlich küssen,
Wenn nicht des Vaters Groll von uns weicht,
Auf immer uns trennen müssen!
Doch bleibet jetzt hier am Ufer steh’n
Und harrt, bis daß wir euch nicht mehr seh’n;
Und wenn es tief unten tobet und bebt,
Und wenn sich der See blutschäumig erhebt:
Dann sehn wir uns nimmer wieder.“
Verschwunden waren die Nixen im Nu,
Wo ängstlich die Burschen lauschen;
Die Thurmuhr fern schlägt Mitternachtszeit,
Die Unken rufen, der Uhu schreit, –
Bang tönet des Schilfes Rauschen!
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_145.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)