Seite:Badisches Sagenbuch 219.jpg

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Mädchen, durch unverwelkliche Liebe und ewige Treue, glaub es mir, Katharina!“ Und abermals küßte er den kleinen Mund der Holden.

Die nahe Thurmuhr kündete gerade die neunte Stunde, und Katharina mahnte an die Heimkehr. „Noch Eins!“ sagte der glückliche Georg. „Morgen ist Sonntag und der Tag scheint sonnenhell zu werden; wir machen einen Spaziergang an den Eichener See und feiern dadurch den ersten Tag unserer gekrönten Liebe. Und wenn der kleine Weidling auf dem See frei ist, so kann er uns eine Stunde hin und her tragen.“ Katharina nahm den Vorschlag an und entfernte sich an dem Arme ihres Geliebten, nach dem Hause ihres Vaters kehrend. Hinter der Linde trat eine Gestalt hervor, als die Beiden fort waren. „So, so!“ rief dieselbe; „wartet, ich will mich schon rächen!“

Auf einer Anhöhe, zwischen dem Wiesen- und Wehrarthale befindet sich ein merkwürdiger See, der etliche Jauchert Land bedeckt. Das Wasser aus demselben verschwindet gänzlich, ohne daß man einen sichtbaren Abfluß kennt. Das Land, wenn es wieder trocken ist, wird dann angepflanzt und gibt reichlichen Ertrag. Gewöhnlich im Spätjahr erscheint der See wieder. Man weiß nur, daß sich das Becken mit Wasser füllt; aber Niemand kann mit Gewißheit sagen, da oder da ist es hervorgebrochen.

An diesem See stunden am Sonntag Nachmittage Georg und Katharina. Der Jüngling band den Weidling los und vergnügt stiegen Beide hinein. Mit starker Hand stieß Georg den Nachen vom Land, daß er lustig über das Wasser hinschaukelte. Welch’ Entsetzen! Plötzlich brach die eine Seite des Fahrzeugs zusammen. Mit einem gellenden Schrei, den Katharina ausstieß, sank sie, von Georg umarmt, in die Tiefe des Wassers. Nach einigen Minuten wurden Beide wieder sichtbar. Mit aller Kraft und Anstrengung suchte der Jüngling, Katharina mit dem einen Arme über dem Wasser haltend, das Ufer zu erreichen. Vergebens; er sank und mit ihm sein Theuerstes. Das liebende Paar fand vereint ein großes, naßes Grab, aus welchem sie nimmer zum glücklichen Leben emporstiegen. –

Aus dem Walde, der an den See stößt, trat Johannes, der Wirth zum fliehenden Hirsch. „Ich habe mich gerächt!“ sagte

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_219.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)