Seite:Badisches Sagenbuch 225.jpg

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wird seine Braut abholen, des reichen Dietrich’s von Rötteln Tochter.“

So war es. Bernhard von Oeflingen hatte um die Hand der schönen Helena, der jüngsten Tochter des Freiherrn von Rötteln geworben, und da ihm freundliche Zusage geworden, kam er jetzt, die Geliebte heimzuführen in die wohnliche Burg seiner Väter.

Als der Zug hinter einer Anhöhe verschwunden und somit den Zuschauern aus den Augen war, saßen einige ältere Männer auf einem Baumstamm, der unter einem schattigen Kirschbaume lag, zusammen. „Der von Oeflingen ist ein wackerer Ritter,“ – sagte der Vogt, der unter ihnen war; – „mein Seel, der hält seine Leute in der Zucht! Und doch sind ihm Alle treu und ergeben. Das ist ein Regiment!“

„Vetter Vogt,“ – entgegnete ein älterer Bauer, – „solch ein Regiment solltet Ihr auch eingeführt haben in Eurer Gemeinde, es würde euch sicher Niemand darum tadeln!“

„Blitz, alter Greinert, Ihr redet frei mit mir!“ – fuhr der Vogt auf; – „Wißt Ihr doch wohl, daß ein Vogt sich nicht jede Rede gefallen lassen muß, absonderlich von Einem, der unter ihm steht.“

Der Alte erwiederte ruhig, sich gleichsam rechtfertigend: „Wohl darf es nicht ein Jeder wagen, Euch ein Wort zu sagen; aber Ihr wißt ja, Euerer Ehefrau Bruder, der Stephan, hat mir vor Kurzem so ganz ohne mein Wissen den schönen Eichbaum weggenommen, an welchem die großen Blätter gewachsen, welche ich vor den Mund nahm, wenn er sich zu ungelegener Zeit öffnen wollte. Und so ist es eigentlich nicht meine Schuld, daß Ihr mich frei reden hört.“

„Ich weiß, daß Ihr mir Anzeige gethan; die Sache will ich schon finden!“ warf der Vogt dazwischen.

„Ei Vogt, werdet nicht unwillig und ereifert Euch doch nicht!“ fuhr der Greinert fort. „Ich wollte im Grunde von meiner eigenen Sache gar nicht reden; vielmehr ist das etwas Unerhörtes, daß man die armen Erdmännlein, die von unsern Voreltern so hoch in Ehren gehalten wurden, in jetzigen Tagen nicht selten beleidigen läßt, ohne die Boshaften zu bestrafen. Die kleinen Wesen thun uns vielfältig Gutes, und des

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_225.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)