Seite:Badisches Sagenbuch 234.jpg

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ihrer Retterin Adelgunde, und ihres Begleiters, welche Beide bisher von Bernhard noch nicht bemerkt worden.

„Ich kenne des Fräuleins edles Herz, aber nimmermehr wascht der Schwester Liebe den Schimpf ab, den der Bruder mir angethan!“ sagte Bernhard.

„Gewähret uns Schutz, Ritter!“ flehte Adelgunde, „und nehmt uns auf in eurer Burg, wenn Ihr dahin gelangt seyd.“

In wenigen Minuten wußte Bernhard der Bedrängten Anliegen und errieth ihre Neigung.

Das Männlein trippelte herzu, und winkte bedeutsam. Das Licht in seiner Hand verschwand; aber herein in die Finsterniß drang durch eine ziemliche Oeffnung das freundliche Tageslicht und mit unbeschreiblicher Empfindung begrüßten die unterirdischen Wandrer den lichten Tag. „Habe Dank, guter Geist, der du die Höhle bewohnst, für deine Güte! Treulich hast du dein Wort gehalten, als du zu mir gesprochen: „Ich will dein Erbarmen vergelten.“ Empfange in dem aufrichtigsten Dank meines Herzens den schönsten Lohn, den mein Vertrauen zu geben vermag!“ So rief Bernhard von Oeflingen mit bewegter Stimme in die Höhle zurück, und trat dann in das Freie, mit ihm die Uebrigen.

Es war heller Tag. Da und dort arbeiteten die Leute auf ihren Feldern, und sahen neugierig dem Zuge nach. Der Ritter durfte hoffen, ungefährdet seine Burg zu erreichen, die nur etwa eine Stunde entfernt lag. Schon winkte ihnen das sichere Schloß entgegen, als ein Gewappneter auf den Zug hersprengte. Adelgunde erkannte in ihm einen Diener ihres Bruders.

„Ich bringe traurige Nachricht, Fräulein!“ rief der Kommende; „Euer Bruder und der Steinegger sind verunglückt. Auf dem nächtlichen Zuge, den sie Euch zu Ehren gestern um Mitternacht unternommen, hat ein Felsstück, das hoch herab stürzte, den Steinegger zerschmettert, und Euern Bruder, meinen Herrn, gar übel zugerichtet. Letzterer läßt Euch bitten, seinen letzten Wunsch zu gewähren und ungesäumt heim zu kommen.“ Adelgunde hörte die letzten Worte nicht mehr; ohnmächtig fiel sie in Burkhards Arme.

„Das hat der kleine Mann gethan!“ rief Bernhard. „Er hat sich und uns schrecklich gerächt.“

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_234.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)