Seite:Badisches Sagenbuch 247.jpg

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„Versetzen Sie sich an den Schluß des eilften und in den Anfang des zwölften Jahrhunderts. Damals wohnte in einer nun längst zerfallenen Burg, von welcher sich jede Spur verloren hat, der Edle Werner von Kaltenbach, der bedeutende Besitzthümer im Breisgau hatte, auf diesem Berge, wo nun Bürglen an der Stelle eines Kirchleins steht, das von einem Weltgeistlichen versehen wurde. Werner’s Gemahlin, Itha, hatte ihm drei Söhne und zwei Töchter geboren: der Stolz seines Herzens, die Lust seiner Augen. Die Söhne wuchsen heran in väterlicher Kraft und die Töchter blühten auf in allem Liebreiz jungfräulicher Schönheit und Sittsamkeit.

Doch alles Erdenglück hat seine Grenzen; der Edle Werner erblindete; unfähig, an den Wettkämpfen, Spielen und anderen Freuden des ritterlichen Lebens ferner Antheil zu nehmen, überzeugt durch eigene Erfahrung von der Wahrheit: Dieser Zeiten Eitelkeiten gewähren keine Zufriedenheit und Seelenruhe – neigte sich sein Gemüth ernsteren Betrachtungen zu.

„Laßt mich“, – sprach er eines Abends, als der Glanz der untergehenden Sonne die Fenster seines Schlosses mit rosigen Flammen umspielte und ein schwacher Wiederschein des herrlichen Lichtes in sein verfinstertes Auge drang, zu seiner treuen Lebensgefährtin Itha – „laßt mich von dannen ziehen: ich will nach dem Gotteshause St. Blasien und dort in stillen Religionsübungen meine Tage beschließen.“ – Und Itha versetzte: „Mein Ehegemahl thue nach seinem Willen, wie es dem Heile seiner Seele frommt; mein Gebet und meine Liebe begleiten ihn überall hin.“ – Da verabschiedete sich Herr Werner von Weib und Kind und zog im Geleite seiner Dienstmannen nach St. Blasien, wo ihn der dortige Abt Berthold willfährig aufnahm. Einen Theil seiner Güter, nämlich Enkenheim, Kaltenbach, Emmenthal und Sitzenkirch, übergab er dem Kloster oder Stifte. Abt Berthold besetzte nun die Kirche zu Bürglen, worin sich die Begräbnißstätte der Edlen von Kaltenbach befand, mit Mönchen und bestellte einen der Söhne Werners zum Probste dortselbst, welcher auch vom Papste Innocenz II. und dem Herzog Konrad von Zähringen (St. Blasiens Kirchenvogt) in dieser Würde bestätigt ward.

Dem Beispiele des Vaters folgten die noch übrigen Söhne

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_247.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)