Seite:Badisches Sagenbuch 285.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Glück bringen soll!“ ermahnte die Mutter. „Es ist ja doch besser, die Leute lieben ihre Herrschaften, als daß sie denselben Böses wünschen und sie verfluchen. Deine strenge, oft ungerechte Denkungsart mußt du jetzt ablegen; denn schwerlich mag dein künftiger Gemahl, der nun dein Herr wird, dulden, was deine Mutter geduldet, zumal er ein gar mildes Herz haben soll.“

„Wie, Mutter! soll sich mein Gemahl nicht nach mir richten?“ eiferte die hochfahrende Tochter. „Er wird es bald begriffen haben; denn ich will ihn streng in die Schule nehmen! Und wird Ehrenfried von Sponeck binnen einem Jahre nicht Meister in der Kunst, seinen Willen dem seines Weibes unterzuordnen, so wirst du der erzürnten Lehrmeisterin die Thore unserer Burg nicht verschließen.“

„Brigitte, welche Gedanken!“ warnte die Mutter.

„Doch die vernünftigsten, Mutter, wenn man herrschen will, selbst über einen Mann!“ – –

Man durfte das Fräulein von Landeck nur Einiges sprechen hören, oder eine Stunde in ihrer Gesellschaft zubringen: ihren Charakter hatte man alsbald erkannt.

Die Braut schied von ihrer Mutter; eine Sänfte trug sie aus dem Thore der Burg. Die zwölf Edelknaben von Sponeck geleiteten die hohe Dame, zu ihrer Linken und Rechten vertheilt. Dem glänzenden Zuge folgte ein Wagen, den der Wohlthätigkeitssinn der alten Gräfin von Landeck mit allerlei Gaben für Arme angefüllt, die ohne Zweifel in Menge dem bräutlichen Zuge aller Orten nachziehen würden.

Der Himmel begünstigte die hochzeitliche Fahrt nicht mit freundlichen Sonnenschein, wie man es gerne sieht; sondern er sendete den ganzen Vormittag aus trüben, flüchtigen Wolken Regenschauer um Regenschauer. Wenn schon die junge Braut unwillig murrte, ändern konnte sie es doch nicht. „Ich will mich dafür an dem armen Gesindel rächen!“ sagte sie; „Es darf ihm weder Brot noch Wein ausgetheilt werden!“

Mehr denn fünfzig Hungrige stürmten der Sänfte nach, flehend, rufend; unerbittlich blieb die Braut bei ihrem böswilligen Eigensinn.

Mittag war vorüber. Am Wege, dahin sich der Zug bewegte,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_285.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)