Seite:Badisches Sagenbuch 320.jpg

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herzlich gut meinte, ob er gleich zuweilen auch grob schwazte, aber nur zuweilen.

Diesmal war er ganz guten Humors. Warum? er hatte vor einiger Zeit seine bitterböse Ehefrau verloren, und ritt jetzo, ein kinder- und sorgenloser Wittwer, zur Freite nach Elzach, wo ihm ein reiches Weibsbild verrathen und schon halb zugekuppelt worden war. Darum war ihm bodenwohl; er pfiff ein Stücklein in die blaue Luft hinaus, und langte mit der Gerte im Vorbeireiten lustig in die Obstbäume an der Straße, um das Heu, das die Wägen dort abgestreift hatten, herunter zu schmitzen. Manchmal gab er auch dem Rößlein eins zu kosten, denn es war nur zu wohl aufgefüttert, und trabte seinem frohmüthigen Herrn zu langsam. – Wie er also um die Ecke reitet, und an dem Hag des Gartens, der dem Vater der Demuth gehörte, hintrabt – die schöne Jungfer stand vor dem Hause, und wusch einem ihrer Brüderlein das Gesicht am Brunnen rein, und verrichtete das mit einer seltenen Manierlichkeit – sieht der Kronenwirth das Mädel, und weiß nicht, was er mehr bewundern soll: ihre weißen, runden Arme, oder die schneeblüthweißen Hemdärmel; ihre artlichen rothen Strümpfe, oder die Füße, die so zierlich drinnen steckten; oder ihr sonnengoldiges Haar, das den gelben Hut zu Schanden machte; oder ihren frischen Mund, oder ihre lichten Augen, oder das Lächeln um selbigen Mund, oder die Herzensgüte in selbigen Augen. – Jetzt bekam der Gaul keinen Schmitz mehr und ging langsamen Schritts, und immer langsamer, und der Kronenwirth achtete es endlich gar nicht, daß das Pferd still stand, wie angenagelt, denn er konnte sich nicht satt sehen an der schönen Dirne.

Wie er nun so dasitzt und lacht, daß er alle Zähne weist, so muß die Demuth dem freundlichen Gesicht auch entgegenlachen, und wenn er für sich meint: das ist doch das schönste Kind, das ich in meinem Leben gesehen, so denkt sie in ihrem Sinn: der stattliche Mann gefällt mir.

Blöd war der Kronenwirth von Kindsbeinen an nicht gewesen; auch diesmal war er’s nicht, denn er sagte spaßhaft vom Gaul herunter zur Demuth, was ihm eigentlich Ernst war: Wenn ich nicht schon eine Hochzeiterin hätte, so müßtest Du es

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_320.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)