Seite:Badisches Sagenbuch 330.jpg

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Mutter!“ – Da hatte er allabendlich eine Kartenparthie im Hause, mit der er aussaß bis über die Mitternacht hinaus; und nach ein Paar Tagen ging er sogar – weil er, der Frau gegenüber die vorgebliche Liederlichkeit im eigenen Hause selber nicht aushalten mochte[1] – in die Linde, oder in’s Kreuz, und ließ der Demuth expreß durch den Müller zubringen, daß er dort wie ein Narr kartle, und das Seinige verspiele, und der Schoppen nicht wenige trinke. Der Müller war beständig bei ihm um die Wege; er konnte es auch, denn der Hurrle lag nichts an dessen Daheimseyn. Der Jakob schien seinerseits ganz versessen auf den Müller; daß er ihn nicht gerade mit sich in’s Bett genommen, war Alles.

Die mitleidige, finstere Nacht mag allerdings die bitteren Zähren der verlassenen Frau oftmals gezählt haben; wird ihr auch allerhand schlimme Rathschläge der Vergeltung zugemurmelt haben, wie ihr Brauch ist; aber da kam sie an die Rechte! – „Pfui, du alte böse Blindschleiche!“ hat die Demuth zu der Aufhetzerin gesagt, „laß ich dich meinem Schmerz zusehen, damit du mir solche schlechte Dinge eingeben sollst? Ich habe Ruhe und Erleichterung von dir erwartet, und du legst mich auf den Rost des Neides, der Bosheit und sündlichen Gedanken?“ – Flüchtete sich alsbald an’s Bett ihrer Kinder in die Engelwacht; und wahrlich! der Engel, der die Kindlein hütet, ist auch zu ihr getreten, um sie zu trösten und zu belehren. – Schau, meine liebe Demuth, hat er zu ihr gesagt: seht ist’s an der Zeit, zu beweisen, daß die Christenlehr’ bei dir etwas angeschlagen hat. Du warst dir getreu im Glücks; warum solltest du es setzt nicht seyn, da du dich unglücklich erachtest? Und da sagte er ihr ferner noch von drei Dingen, die uns vor allem Bösen bewahren, und die gar nie aufhören, sobald sie einmal recht da sind; die das Leben überdauern, und folglich jedes Leid und Unglück. „Nimm einen Faden,“ hat der Engel gesagt, „der zehnmal um die ganze Welt herumläuft, er hat ein Ende! Der Glaube hat keins. Denk’ dir das allmächtige Meer, so viel Millionen Morgen groß, und darauf ein Schiff, das nicht ruht; das Meer wird einmal vertrocknen, das Schiff wird einmal landen oder versinken. Die Hoffnung hat kein Ziel. Stell’ dir ein Feuer vor, worin alle Wälder des Erdbodens verbrennen;


  1. Vorlage: mnchte
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_330.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)