Seite:Badisches Sagenbuch 344.jpg

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Mittel, dich reich zu machen,“ – nahm der Jäger nun wieder das Wort, jedoch noch immer mit abgewendetem Gesichte – „ist ganz einfach. Hier in dem Berge befinden sich nämlich ungeheure Schätze, welche von einem alten Ritter darin vergraben worden sind, und die du leicht heben kannst. Du brauchst nur morgen in aller Frühe mit einem Zug Ochsen vor den Felsen da unten zu kommen, so wirst du mich antreffen; wir werden dann den Felsblock wegführen, und uns schnell der Schätze bemächtigen; ich nehme dich hierauf als meinen Sohn an, dann sagst du deinem Herren Lebewohl auf immer und wirst ein schmucker, reicher Junge, wie kaum einer in der Stadt ist. Aber versprechen mußt du mir, Niemanden etwas von der Sache zu sagen und Morgen früh an gar nichts Anderes zu denken, als an unsere Schätze.“ – Gern gab der Knabe sein Wort darauf und sprang wie außer sich vor Freuden herum, als der Jäger heimlich seinem Hunde einen Wink gab, daß dieser unter das weidende Vieh hinein fuhr und es auseinander trieb. Während der Knabe hinzueilte, um es wieder zusammen zu bringen, waren Jäger und Hund verschwunden. Auch die spielenden Kinder auf der Wiese verloren sich, und einem aufmerksameren Blicke wär’ es schwerlich entgangen, wie eines hier, das andere dort in eine Spalte des Berges hinabschlüpfte.

Voll Ungeduld trieb nun der Knabe seine Heerde nach Hause, noch eh’ der Abend recht eingebrochen war, weßhalb ihn sein Herr neuerdings mit Schelten und Schlägen empfing. Aber der Geplagte, der sonst augenblicklich in Thränen ausbrach, machte sich jetzt nichts daraus, da er ja den glücklichen Wechsel seines Schicksals so nahe vor sich wußte. Auch beim Nachtessen war er so sehr zerstreut und geistesabwesend, daß ihn eine alte Kindswärterin bei Seite nahm und ihm zusprach, ihr doch mitzutheilen, was mit ihm vorgegangen sey. Der Knabe blieb aber verschwiegen und eilte so bald als möglich auf sein rauhes Strohlager, nur um ungestört seinen freudigen Gedanken nachhängen zu können. Auch während des Schlafes ließen ihn diese nicht ruhen, denn er träumte nun die herrlichsten Sachen von seinem künftigen Glücke. Schon sah er im Innern des Kandels einen Palast von lauter blitzenden Edelsteinen, von der holdseligsten Fee – seiner künftigen Mutter – und dem stattlichen

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_344.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)