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zu dem unterirdischen See dort unten im Kandel, herausgefahren, die wilde Fluth hervorgebrochen und du mit sammt den Einwohnern des ganzen Thales von ihr verschlungen worden. Doch der Herr sey gelobt! Er hat uns durch deinen eigenen Mund vor der türkischen List des Höllenjägers noch glücklich gerettet.

Der Knabe wurde nun vom Vogte in das Dorf geführt, wo seine Botschaft den lautesten Jubel erregte. Der gute alte Mann, der Mitleiden mit der armen Waise fühlte, nahm ihn an Sohnesstatt an und gab ihm später seine einzige Tochter, nebst einer schönen Aussteuer, zur Ehe.

Dr. Heinrich Schreiber.


Suckenthal.

Wenn du, freundlicher Leser, vom flachen Lande her den Bergen zuwanderst, welche von der oft wildstürmenden Elz durchschlängelt werden, so siehst du bald, da, wo Fluß und Felsenwand der Straße allen Zugang zu verwehren scheinen, ein rasches Bächlein aus einer engen Schlucht hervorbrechen. Versäume nicht, an seinem Ufer hinaufzuwandeln; es bildet ein wunderliebliches Thälchen, jetzt das Suckenthal genannt, von dem ich dir hier eine nur Wenigen bekannte Sage mittheilen will.

Reicher Bergsegen hatte eine Menge von Knappen in’s Thal von Reichenbach gezogen; überall, ober und unterhalb der Erde herrschte fröhliches Leben und geschäftiges Treiben und um das Kirchlein, welches weiter oben im Thale von einem grünen Bühle herabschaut, sah es aus wie ein lustiges gewerbsames Städtchen. Unweit davon erhob sich ein stattliches Schloß, die Engelsburg genannt, in welchem ein Edelfräulein, die Herrin dieser Landschaft, in Glanz und Herrlichkeit lebte. Sie sah es gerne, daß die Bergleute auch gute Tage hatten und diese gaben ihr Wohlleben auf eine solche üppige Weise kund, daß man bald anfing, die Gegend das Paradiesthal zu nennen.

Als aber das schwelgerische Leben und der es gewöhnlich begleitende Uebermuth aufs Höchste gestiegen war, da sollte all’

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_347.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)