Seite:Badisches Sagenbuch 349.jpg

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in eine grause Wasserwüste verwandelte. Schloß und Häuser waren alle verschwunden; sämmtliche Bergstollen und Werke versandet und verschlammt; nur die Kirche und ein einziges Haus, worin fromme und gottesfürchtige Leute wohnten, ragten noch über den Fluthen empor, in welchem bei dreihundert Knappen und fünfzig Bergwerkangestellte ihr Grab gefunden haben sollen. Nur wenige Menschenleben entgingen dem Verderben; es waren die Kinder, welche man, als die Wasser sich verlaufen hatten, in ihren zwischen den Wipfeln der Bäume hängen gebliebenen Wiegen fand. Da man nicht wußte, welchen Familien sie angehört, und also ihren Geschlechtsnamen nicht herausbringen konnte, nannte man sie Dolden, (so viel als Wipfel) zum fortwährenden Gedächtniß der wunderbaren Art, wie sie bei der Zerstörung von Suckenthal gerettet worden.

Julius Leichtlin.


Sage vom Suckenthal.
(Andere Version.)

In diesem Grunde befanden sich vor Zeiten viele reiche Silbergruben, worin bei fünfzehnhundert Bergleute arbeiteten; er war so voll Häuser, daß die Katzen von der Elz bis zum obersten Hof im Thal auf den Dachfirsten spazieren konnten, und aus der heutigen Schloßmatte stand ein stattliches Grafenschloß. Darin, wie auch in dem ganzen Orte, herrschte großer Reichthum, zugleich aber ungemeine Hoffart und Ueppigkeit. Die Gräfin hatte eine einzige, wunderschöne Tochter, um die sich viele reiche und vornehme Herren bewarben, allein dieselbe wollte nur Demjenigen ihre Hand reichen, welcher im Schloß einen gläsernen Weiher mit lebendigem Wasser anlegen würde, so daß sie von ihrem Bette aus die Fische darin umherschwimmen sehen könne. So schwer diese Bedingung auch zu erfüllen war, so ließ doch der Oberhauptmann der Bergleute, der in die junge Gräfin verliebt war, sich nicht davon abschrecken, sondern führte mit unsäglicher Mühe eine drei Stunden lange Wasserleitung (deren Ueberbleibsel noch jetzt der Mauerweg heißen) von der Platte bis zum Schloße, woselbst er den Weiher, das

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_349.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)