Seite:Badisches Sagenbuch 456.jpg

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nieder. Die Ihrigen aber begruben sie in derselben Kirche und als die Herren von Allmendshofen schon lange ausgestorben waren, gedachten die armen Leute des Dorfes immer noch der frommen Ruchtrud und ehrten ihr Gedächtniß durch ein Votivbild. Wirklich läßt sich auch auf der Votivtafel an der Kirche des abgebildeten Dorfes der Thurm von Allmendshofen nicht verkennen und die Tafel selbst trägt folgende gereimte Inschrift:

Rucht-Traut von Allmendshofen war mein Nam
Aus Andacht und Geids (Begier) Gottes ich nemlich kam
In diese Kirchen in vil Zeit zur Nacht
Herzue ein Hirsch mein hat guot acht
Von Gott aus gnaden zuo gesandt
Zu solcher Fahrt mir fleißig gant
Darum wie Gott bis an mein End
All meine Sachen glücklich gwendt
Darnach zwei Stier des jochs nit gwan
Mich hieher gefiert ohn ein Fuhrmann.
Da ich dann ruohe in disem Grab
Und wart des Herrn jngsten Tag
Als man zelt in der Zeit zwar 1584 iar.
Verneuert von der gemeind allmendshofen 1775 iar.

Die historische Kritik der Sage ist nicht leicht. Zwar hat es allerdings ein reichbegütertes Geschlecht der Herrn von Allmendshofen gegeben, dessen urkundliches Vorkommen und Erwähnung im Seelenbuche des Klosters Maria Hof (S. die Beil. zum Herbstprogramm des Gymnasiums in Donaueschingen, 1845) bis zum Ende des 16. Jahrhunderts reicht. Auch das ist gewiß, daß im Geiste der Zeit, besonders unter den weiblichen Sprößlingen, die Andacht besonders gepflegt wurde, wie denn eine große Anzahl derselben in dem oben erwähnten Kloster den Schleier nahmen.

Allein die Hauptschwierigkeit liegt in der Oertlichteit. Angenommen, das Bedürfniß der Andacht habe die Jungfrau in eine auswärtige Pfarre geführt – und die nahe alte Pfarrkirche von Eschingen habe ihr nicht genügt; – warum besuchte sie nicht Hüfingen, wohin seit dem 14. Jahrhundert Allmendshofen eingepfarrt war; oder wenn die Begebenheit in noch frühere Zeit fällt, Bräunlingen, die Mutterkirche von Hüfingen und Allmendshofen, durch welche Stadt sogar der Weg nach Mistelbrunn führt, welch letzterer Ort zwar wohl auch eine alte und – nach dem Namen des heiligen Markus Schutzheiligen zu schließen – von dem Kloster Reichenau nach 930 (als dem Erhebungsjahre des Heiligen) begabte Kirche hatte, die aber sicher nur Tochterkirche von Bräunlingen war.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_456.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)