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Das Rheinthal.

Strom der Heimath, mir so lieb! hast Jahrtausende gesehen,
Die nicht auf den Tafeln stehen, welche die Geschichte schrieb.

Doch verzeichnet sind sie dort in den wild gethürmten Schichten;
Was die Berge uns berichten, ist ein unvergänglich Wort.

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Eine neue Sonne scheint, seit die treuen Heliaden

An den öden Schilfgestaden um des Bruders Tod geweint.

Haben nicht den Dattelwein fromme Völker hier getrunken?
Doch die Palmen sind versunken und ihr Mark gefror zu Stein;

Und des Oelbaums heilig Laub, das des Markwalds Höhen schmückte,

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Das der Schlangentödter pflückte, wurde des Gewässers Raub.


Ja, ein Eden hat geblüht in des Rheines mildem Thale,
In des Himmels erstem Strahle, eh’ der Kaiserstuhl geglüht;

Eh’ noch Jovis Sternenring sich zum festen Kern verdichtet,
Eh’ ein Gott die Welt gerichtet, und die Nacht den Styr umfing.

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Ach, in dunklen Sagen nur hat sich jene Zeit erhalten,

Und des Nordes Stürme walten auf der Paradieses-Flur.

Das dämonische Geschlecht, dessen Hüften wir entsprungen,
Spie zum Himmel Lästerungen, trotzend auf ein Götterrecht.

„Menschen, unsre Kinder, ihr mögt die Erde von uns erben,

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Jenes bessre Reich erwerben über Sternen wollen wir.“


Und sie klimmen keck hinan zu dem hohen Wolkensitze,
Und sie achten nicht der Blitze auf des Kampfes luft’ger Bahn.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Karlsruhe: Kreuzbauer und Kasper, 1846, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_001.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)