Seite:Badisches Sagenbuch II 010.jpg

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war. Der Thurmwart brachte ihm täglich zu essen und einen Krug Wasser; wenn er aber von ihm angeredet wurde, so gab er dem Gefangenen keine Antwort. – Wißt Ihr, wen Ihr so grausam behandelt? – fragte einst Walther voll Verzweiflung. – Ich will es nicht wissen, – erwiederte der Mann, – und habe Befehl, Euch zu tödten, sobald Ihr Euren Namen aussprecht. – Der Ritter glaubte nicht anders, als daß er von fremden Räubern, die ein schweres Lösegeld für ihn verlangten, in ein fremdes Land geführt worden, und wunderte sich oft, wie seine gute Gemahlin und seine Freunde ihn so gar verlassen konnten. Zwei Jahre schmachtete er in diesem Kerker, ohne ein einziges Mal die Sonne zu sehen, oder die freie Luft zu athmen. Nur wurde bisweilen in der Höhe ein Loch geöffnet, um den faulen Dünsten einen Ausgang zu verschaffen, da dann einige Lichtstrahlen in diese Wohnung des Grauens herabglitten. Bei dieser Gelegenheit vernahm einst der Gefangene den lauten Schall eines Hornes, der ihn aufmerksam machte. Es dünkte ihm, diese Musik schon irgendwo gehört zu haben; er wußte sich aber des Ortes nicht zu erinnern. Einige Zeit hernach, als es wieder, und zwar in dem Augenblick erscholl, da ein anderer Wächter, der ihn erst seit drei Monden bediente, ihm zu essen brachte, erkühnte sich Walther, ihn zu fragen, wo doch dieses große Horn geblasen würde? Der Knecht gab ihm zwar keine bestimmte Antwort; dennoch aber glaubte Walther, aus einigen Reden die jener fallen ließ, und aus verschiedenen kleinen Umständen, die er damit verglich, den Ort seiner Gefangenschaft errathen zu haben. An einem andern Tage fragte Walther diesen Knecht nach seinem Namen und nach seinem Vaterlande. Er mußte diese Fragen mehrmals und auf verschiedene Weise wiederholen, eh’ er ihm die Antwort ablockte, daß er aus dem Lützelthal, Geroldseckischer Herrschaft, gebürtig sey, und daß sein Geschlecht den Namen Rublin führe. Nun zweifelte Walther nicht mehr, daß er auf der Burg Lützelhardt gefangen läge, und entdeckte zugleich in diesem Rublin einen seiner leibeigenen Dienstleute. Er trug daher kein weiteres Bedenken, sich ihm zu erkennen zu geben, und that es mit der rührenden Würde der bedrängten Unschuld. Er beschwur ihn bei Eid und Pflicht und unter den vortheilhaftesten

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)