Seite:Badisches Sagenbuch II 041.jpg

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Renchthal und Seitenthäler.


Der Bannacker.

In der Nähe der Ulmburg bei Oberkirch liegt ein Acker, der obigen Namen führt, von dessen Ursprung die Sage Folgendes berichtet:

Frau Judith, die Wittwe des Kastellans von Ulmburg, lebte seit ihres Mannes Tode in einem Häuschen unweit der Burg größtentheils vom Ertrag eines Feldstückes, das ihr zugehörte. Sie hatte nur eine einzige Tochter, Imma, die zum schönsten Mädchen der ganzen Gegend herangeblüht war. Als Imma sechszehn Jahre zählte, bepflanzte Frau Judith einen Acker mit Flachs, den sollte ihr Töchterlein selbst spinnen und die daraus gewobene Leinwand zu ihrer Mitgift aufbewahren.

Es wohnten aber in der Nachbarschaft einige lose Gesellen, die es für bequemer hielten, zu stehlen, als zu arbeiten, und es besonders auf die Plünderung der Feldgüter abgesehen hatten. Der Flachs, den Frau Judith gesäet, war ganz vortrefflich gediehen und der schönste in der ganzen Gemarkung, so daß die Wittwe sich nicht genug ihre Freude darüber ausdrücken konnte. Aber Imma sagte dann jedesmal traurig: „Ach, die Diebe werden ihn gewiß bald davontragen!“

„Da wollen wir ihnen schon einen Hemmbaum vorschieben!“ – versetzte die Mutter, – „Ich weiß ein Sprüchlein, das lernst du auswendig, gehst hinaus auf den Flachsacker und sagst es laut her und wie die Diebe das Feld betreten, werden sie festgebannt und können nicht mehr von der Stelle weichen.“

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_041.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)