Seite:Badisches Sagenbuch II 042.jpg

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Imma lernte den Segen auswendig und als am nächsten Sonntag die erste Festglocke läutete, ging sie hinaus und sprach folgendes Bannsprüchlein:

„Dieb oder Diebin, kommet nur an!
Ich bind’ euch alle hier mit dem Bann,
Mit dem Herr Christus die Hölle bunden,
Mit seines Leibes heiligen Wunden.

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Es stehn drei Lilien in Blüthe

Auf unsers Herrgotts Grab;
Die erst’ ist seine Güte,
Die zweit’ sein sanft Gemüthe,
Die dritt’ sein göttlicher Will’.

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Wer drunter ist, muß halten still,

So lange Gott und ich es will.

Wohl dreiunddreißig Engel
Die saßen beieinand’
Und pflogen mit Maria

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Der Ehren allerhand;

Da sprach der heilge Daniel lieb:
Schaut, liebe Frau, dort kommen Dieb’,
Die wollen dein Kind dir stehlen,
Das kann ich dir nicht verhehlen!

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Da sprach unsre liebe Frau mit dem Kind

Zu St. Peter: Bind’, St. Peter, bind’!
Da sprach St. Peter: ich habe die Dieb’
Schon festgebunden mit einem Band,
Und zwar mit Gottes selbsteigener Hand.

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Jetzt mögen sie stehlen, drinnen und draus,

Im Wald, im Felde, Hof oder Haus!“

Nachdem Imma diesen Segen gesprochen, kehrte sie nach Hause zurück, nicht ohne Vertrauen auf den guten Erfolg, der auch nicht lange ausblieb. Denn als sie am folgenden Morgen vor Sonnenaufgang mit der Mutter auf den Flachsacker hinaus ging, um nachzusehen, fand sie daselbst zwei junge Bursche festgebannt, die sich nicht um ein Härchen von der Stelle bewegen konnten und sich mächtig schämten, in sothane Falle gerathen zu seyn. Laut jammernd flehten sie die Frauen

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_042.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)