Seite:Badisches Sagenbuch II 052.jpg

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Das Brigittenschloß.[1]

Oestlich vom Erlenbad, eine halbe Stunde von Sasbach, wo Türenne’s Denkmal steht, erhebt sich ein hoher steiler Bergkegel, von dessen Spitze noch die wenigen Trümmer des sogenannten Brigittenschlosses herabsehen.

Der Sage nach soll in uralten Zeiten das Schloß tiefer und zwar an der Stelle gestanden haben, wo jetzt das Landgut Aubach liegt. Damals wohnte dort, wie es heißt, eine Edelfrau, Namens Brigitte, welche, eine Meisterin in allen höllischen Zauberkünsten, die ganze Umgegend oft mit Seuchen, Ueberschwemmungen, Hagel, Insekten und anderen Plagen heimsuchte, je nachdem ihr böses Gelüste sie dazu trieb. Darob war das Volk gewaltig gegen sie erbittert und als einst ein furchtbares Gewitter den ganzen Jahressegen des Feldes zerstört hatte, schaarten sich die Bewohner der umliegenden Dörfer und Höfe zusammen und zogen, mit Sensen, Dreschflegeln, Heugabeln, etc. Einige sogar mit Bogen und Streitäxten bewaffnet, rachebrüllend gegen die Burg der Frau Brigitte. Dem Zuge voran wurde ein Kreuz getragen, das man aus einer Kirche genommen, als sicherster Wetterableiter alles Hexenspucks, womit sich die schlimme Hexe zur Wehre setzen könnte.

Als der tobende Haufen bei der Burg anlangte, fand er die Zugbrücke aufgezogen und alle Zugänge dicht verrammelt; auf den Wällen und Zinnen aber sah man eine Unzahl kleiner grauer Männlein, die eher Affen, als Menschen glichen, geschäftig hin und her wimmeln. Die meisten Bauern überlief bei diesem Anblick ein Grauen, doch ein junger Mönch, der sich dem Zuge angeschlossen hatte, fachte ihren erlöschenden Muth wieder zu neuen Flammen an durch die Versicherung: daß Alles nur teuflisches Blendwerk sey, das augenblicklich verschwinden müße, sobald Jeder das Zeichen des heiligen Kreuzes dagegen mache; sie sollten daher bei Anbruch der Nacht in Gottes Namen getrost auf die Burg Sturm laufen.

Als alle Verkehrungen dazu getroffen und die Belagerer, von ihren Wachtfeuern umlodert, eben im Begriff waren, die


  1. Burgruine im hintersten Theile des Sasbacher Thales, vom Städtchen Achern ein und eine halbe Stunde östlich.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_052.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)