Seite:Badisches Sagenbuch II 069.jpg

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Männer; eine Tapferkeit, von der sie schon früher einmal wackere Proben abgelegt. Als nämlich im Jahr 1777 ein angesehener Bauer dieser Gegend, wegen Wilderei, ins Oberkircher Amtsgefängniß geworfen wurde, bewaffneten sich die Weiber mit Heu-, Mist- und Ofengabeln, Stangen, Besen etc. und zogen bei nächtlicher Weile nach Oberkirch, überfielen in tiefster Stille die Wachen am Thor und am Thurm, nahmen sie gefangen, (die Wächter mochten im ersten Schrecken meinen, alle Hexen der Yburg seyen herabgekommen) befreiten den Wilderer aus seinem Kerker und führten ihn im Triumphe heim in ihr Thal zurück.

D. H.


Das Bergweiblein.

Das Geschlecht, das auf der Burg Bosenstein, dessen Ruinen bei Ottenhöfen im Kapplerthal von einem Hügel herabsehen, seinen Sitz hatte, ist längst erloschen. Einer der Ritter, welche dort haußten, hatte seine einzige Tochter, Ida mit Namen, erst achtzehn Jahre alt, ausnehmend schön aber eben so gut und fromm. Oft erging sie sich im nahen Walde, pflückte Blumen und Kräuter und lauschte dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel. Da gesellte sich von Zeit zu Zeit ein kleines, graugekleidetes Weiblein zu ihr und hatte bald durch ihr freundliches Wesen und die wundervollen Geschichten, die es ihr erzählte, Ida’s volle Gunst gewonnen. Eines Tages brachte ihr das Weiblein einige Stücke gediegenen Goldes. „Da,“ – sagte sie – „will ich dir was schenken! Solch ein kostbares Spielzeug hat wohl kaum eine Königstochter aufzuweisen!“ – Ida freute sich herzlich über diese Kleinodien und als sie nach Hause kam, eilte sie, dieselben ihrem Vater zu zeigen. Aber dieser Anblick weckte im Herzen des Ritters alsbald die böse Begierde. Der Gedanke, das Waldweiblein müße wohl im Besitze großer Vorräthe solcher Kostbarkeiten seyn, ließ ihm keine Ruhe mehr und seine Habsucht trieb ihn zu einem unseligen Entschluße.

Am folgenden Tage spielte Ida wieder, wie gewöhnlich, in ihrem lieben Walde und auch die geheimnißvolle Gesellschafterin hatte sich wieder eingestellt. Da stürzten plötzlich etliche Knechte des Burgherrn aus dem Gebüsche hervor, wo sie gelauert hatten,

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_069.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)