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„Sei’s!“ donnert Herr von Bosenstein

Und wirft den Pilgermantel hin:
„Ins Mauergrab verstoßen seyn
Soll alsobald die Sünderin!“
Sie sinkt entsetzt vom Stuhle,

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Vernichtet war ihr Hoffen.

Im Blute lag ihr Buhle,
Vom Racheschwert getroffen.

 *     *     *

Wo dort die Gottschläg felsherab
Durchs enge Thal sich bricht die Bahn,

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Gähnt noch das Edelfrauengrab,

Das einst die Büßerin umsahn.
Noch steht in alter Kunde
Von ihrem Stamm geschrieben,
Davon der Name „Hunde

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Von Bosenstein“ geblieben.

*) Alte Ruine in der Pfarrei Ottenhöfen, zwei und eine halbe Stunde östlich von Achern; liegt auf einem Auslaufer des Melkereikopfs, ist mit tiefen zum Theil von der Natur gebildeten Gräben umgeben und nur noch in wenigen Ueberresten vorhanden. Ob die Burg römischen Ursprungs ist, wie Einige behaupten, mögen wir nicht entscheiden. Jedenfalls scheint sie ein hohes Alter zu haben. Im fünften Jahrhundert baute, wie man wissen will, ein alemannischer Edler, Namens von Stein, in diesem wilden Thale eine Burg, die jedoch während der Völkerwanderung wieder zerstört wurde, während auch das alte Geschlecht erlosch. Kaiser Otto I. soll diese Herrschaft einem andern Adligen, der im Jahr 960 das Schloß wieder aufbaute und Bosenstein nannte, gegeben haben.

Die Sage von der Frau von Bosenstein lautete im Munde des Volkes folgendermaßen: Zu der stolzen und hartherzigen Gattin desselben sei einst eine Bettlerin mit sieben Kindern gekommen, aber von derselben wegen solchen Leibessegens gescholten und höhnisch abgewiesen worden. Da habe die Bettelfrau die Verwünschung ausgestoßen, daß die Edeldame mit einer gleichen Zahl von Kindern auf Einmal niederkommen möge. Dies ging in Erfüllung und die Rittersfrau wurde an Einem Tage von sieben Kindern entbunden. Um dies zu verhehlen, sollte eine vertraute Magd sechs derselben im benachbarten Weiher ertränken. Der Ritter, von einem Zuge heimkehrend, begegnete der Dienerin zufällig auf dem

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)