Seite:Badisches Sagenbuch II 083.jpg

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„Ja, komm zu mir, in meinen Armen
Sollst du zu neuer Lieb’ erwarmen!“

Und auf dem Wasser sieht er klar

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Ein lichtes Mädchen, gold von Haar.


Sie winkt zu süßem Liebesglücke,
Er aber springt entsetzt zurücke:

„Nein, Dir gehört mein Herz allein,
Mein liebes todtes Mägdelein!

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Und lieber bleib’ ich auf der Erden,

Als dir im Wasser untreu werden!“

Der Fischer eilt nach Hause fort;
Gar fromm und stille lebt er dort,

Und harrt geduldig, ohne Klage,

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Bis Gott ihn selbst zur Liebsten trage.


3.
Mummelsee’s Rache.

Glatt ist der See, stumm liegt die Fluth,
So still als ob sie schliefe,
Der Abend ruht wie dunkles Blut
Rings auf der finstern Tiefe;

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Die Binsen im Kreise nur leise

Flüstern verstohlener Weise:

„Wer schleicht dort aus dem Tannenwald mit scheuem Tritte her?
Was schleppt er in dem Sacke nach so mühsam und so schwer?“ –
„Das ist der rothe Diether, der Wilderer benannt,

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Dem Förster eine Kugel hat er ins Herz gebrannt,

Jetzt kommt er, in die Tiefe den Leichnam zu versenken,
Doch unser alte Mummler läßt sich so was nicht schenken.

Der Alte hat gar leisen Schlaf, ihn stört sogar ein Stein,
Den man vielleicht aus Unbedacht ins Wasser wirft hinein;

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_083.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)