Es war ein steingewordner Baum,
Mit ungeheuerm Schattenraum,
Ein Schiff, deß Masten nimmer wanken,
Die beiden Wandrer treten ein,
Vom heiligsten Gefühl durchflossen.
Ein bunter Farbendämmerschein
Hat durch die Hallen sich ergossen;
Getauchet in ein Rosenmeer,
Von Regenbogenglanz umwoben,
Der Dulder an dem Kreuze droben.
Der fromme Knabe sinkt aufs Knie,
Und spricht: „Nein, ruhen will ich nie,
Bis einst ein solcher Dom mir glücket!“
Der Alte ruft; „Leb’ wohl, Erwin!
Was hier dir nur im Bild erschien,
Und ewig dich dadurch verklären.“ –
Und an der alten Stelle sieht
Der Knabe sich im Walde wieder;
Durchs heimlich flüsternde Gebiet
Und Erwin trägt nun selig fort
Den Traum mit sich von Ort zu Ort,
Besucht viel Meister in der Ferne,
Daß er die ganze Baukunst lerne. –
Längst über unsers Erwin Grabe;
Solch Denkmal hat der Mann gesetzt
Dem, was im Traume sah der Knabe.
Beglückt, o Straßburg, dessen Ruhm
Heil, Steinbach, dir, aus dessen Schooße
Hervorgegangen ist der Große!
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_167.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)