Seite:Badisches Sagenbuch II 215.jpg

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ihr ganzes Lebensglück Betrogene so tief, daß sie in eine schwere Krankheit fiel, von der sie zwar wieder so ziemlich genas, aber nur, um dem Grabe desto langsamer entgegen zu gehen.

Kaspar’s Ehe schien dessen ungeachtet eine glückliche: seine Frau gebar ihm vier Söhne und eine Tochter; er war mit Gütern aller Art gesegnet und die Vergangenheit störte nicht im Geringsten die Ruhe seines Gewissens. Nur eines Tages schwebte plötzlich das Bild seiner verlassenen Geliebten vor seiner Seele, ohne daß er sich zu erklären wußte, wie es in seine Gedankenreihe gekommen. Da meldete man ihm einen Franziskanermönch, der sodann mit ernster, fast trauriger Miene in das Gemach trat. „Herr Ritter!“ begann er – „ich komme als Bote von einem Sterbelager, wo ich zum letzten schweren Gang eine Jungfrau eingesegnet habe. Sie war ehemals Eure Braut und Ihr habt sie um einer reicheren Heirath willen schnöde verlassen und mit den Blüthen ihres Herzens auch die ihres Lebens geknickt. Doch ich bringe Euch die Verzeihung der Sterbenden, aber auch ihre fromme Bitte: Euch mit Eueren Gedanken von den weltlichen Dingen ab und zu Gott zu wenden, denn Eurer warten nunmehr große Trübsale und Ihr werdet der Letzte Eures Namens seyn.“

„Wohl bin ich mir bewußt,“ – erwiederte der Ritter mit zu Boden gesenkten Blicken – „unrecht an der Jungfrau gehandelt zu haben, die meiner noch so liebevoll verzeihend in ihrem letzten Stündlein gedachte, allein,“ – fuhr er, mit erzwungenem Lächeln wieder zu dem Mönche aufsehend, fort – „ihre Prophezeihung vermag mich nicht zu schrecken; blühen mir ja doch vier lebensfrohe, gesunde Knaben.“

„Die Sterbenden sehen oft helle!“ – versetzte der Mönch in feierlichem Tone und beabschiedete sich.

Der Ritter konnte sich keineswegs einer bangen Ahnung erwehren, doch er suchte sie mit dem Troste von sich zu verscheuchen: Wenn mir auch der Himmel zwei oder drei meiner Söhne hinwegnimmt, so wird er doch so gnädig seyn, mir noch Einen zu lassen, auf daß in ihm der Name der Altenburger sich forterbe. Noch hing er diesem Gedanken nach, als ein Diener mit der Schreckenspost eintrat: der jüngste Knabe sey im Schloßgarten in den Teich gefallen, da habe ihm der drittälteste Bruder

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_215.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)