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„Wie! Soll ich frevelnd schänden
Erlauchter Ahnen Staub?“ –
„Der Väter Gut verwenden,
Nur Pfaffen nennen’s Raub.

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„Hinweg mit eiteln Sorgen!

Nur frisch und flink daran,
So ist der Hort geborgen,
Eh’ wieder kräht der Hahn.

„Trinkt aus bis an den Boden

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Den Kelch aufs Wohlergehn –

Aufs Wohlergehn der Todten,
Die niemals auferstehn!“ –

Zwölf Schläge zittern helle:
Das Werk ist schon im Gang,

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Tief unter der Kapelle

Tönt ungewohnter Klang.

Die alten Ahnenbilder
Im Söller wurden wach,
Es klangen die rostigen Schilder

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Im nahen Rüstgemach.


Gesprengt beim Fackelscheine
Erschließt sich Sarg um Sarg,
Die morschen Todtengebeine
Sie werden gerüttelt arg.

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Entfleischte Schädel schauen

Den Frevler strafend an:
„Laß ab!“ – Unnennbar Grauen
Will innerst ihn umfahn.

„Hei! macht dich Furcht erbleichen?“

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Höhnt sein Kumpan von fern,

Drauf an den letzten Leichen
Will keck der Ritter zerr’n.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_248.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)