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Drob ward dem Zecher bang zu Muth

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In dichten Waldesgründen;

Hub lallend an zu singen,
Die Angst zu überklingen.

Noch kaum begonnen hat das Lied
Des wankelfüßigen Knaben,

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Da stürzt er, eh’ er sichs versieht,

In einen tiefen Graben.
Wohin er streckt die Hände,
Rührt er an Felsenwände.

Doch, Höll’ und Himmel! – wie erschrickt

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Der ächzende Geselle,

Als er genüber sich erblickt
Zwei Augen, schaurig helle,
Die ihm mit grimmem Leuchten
Den Tod zu künden deuchten.

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Da gießt der Mond ein Tröpflein Licht

Herab durchs Laub der Eichen,
Und zeigt ihm eines Wolfs Gesicht,
Mordgierig sonder Gleichen.
„O Todeskampf voll Grauen

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In eines Wolfes Klauen!“


Der Pfeifer hat in höchster Noth
Sein Flötenspiel ergriffen,
Und gleich, geängstigt bis zum Tod,
Ein schmetternd Lied gepfiffen;

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Wild klang der Hochzeitsreigen

Durchs mitternächtige Schweigen.

Die Vögel fliegen scheu empor,
Da solch ein Ton sie weckte;
Erbärmlich quackt im nahen Moor

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Der Frosch, der aufgeschreckte;

Ja selbst die Eichen bebten,
Die manchen Graus erlebten.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_261.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)