Seite:Badisches Sagenbuch II 297.jpg

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die Hauptleute der reichsstädtischen Fähnlein führte Georg jedoch eine andere Sprache: er machte sie auf die wachsende Macht des Würtembergers aufmerksam, der auch die freien Städte unterjochen werde, wenn er nur erst einmal den Adel bezwungen hätte. – „Wir arbeiten“ – schloß er seine Warnungsrede – „an unserem eigenen Untergange, wenn wir noch länger zum Grafen Eberhard halten, und opfern unsere Kräfte für einen gefährlichen Feind, dessen ehrgeizige Absichten Keinem von euch verborgen seyn können.“

Diese Worte machten auf die reichsstädtischen Führer einen um so tieferen Eindruck, als sie ohnehin schon über den langsamen Gang der Belagerung unzufrieden murrten und schon längst unter ihnen ein Mißtrauen gegen den Grafen von Würtemberg herrschte. Georg suchte zugleich die Nachricht zu verbreiten, der Pfalzgraf bereite einen Einfall in Schwaben vor, was denn auch die Folge hatte, daß eines Morgens sämmtliche Anführer des reichsstädtischen Zuzugs in sein Zelt traten und ihm ihren Entschluß eröffneten, mit ihren Truppen wieder heimzuziehen, falls er sich ihnen anschließen wolle. Nach einigen unbedeutenden Einwürfen, unter denen Georg seine Freude über die gelungene List zu verbergen suchte, kamen sie mit einander dahin übereins, diesen Entschluß zuerst dem Grafen und dann ihren Truppen zu eröffnen, und sodann am nächsten Morgen abzuziehen; Graf Eberhard bat und zürnte und drohte; doch Alles war umsonst, zumal als die Soldaten erfuhren, was vorging. Alles schrie: „Nach Hause! nach Hause!“ – und dem Grafen von Würtemberg blieb nichts übrig, als gehen zu lassen, was er doch nicht mehr zurückhalten konnte. Am nächsten Morgen, bei Anbruch der Dämmerung, verließen die Truppen der Städte Straßburg, Heilbronn, Eßlingen, Augsburg, Ulm, Nördlingen etc. das Lager und zogen in tiefster Stille ab, um die Belagerten nicht aufmerksam zu machen. Diese jedoch erfuhren früh genug, was vorgegangen war, und machten häufige Ausfälle, so daß sich Graf Eberhard bald zu schwach fühlte, die Belagerung mit Erfolg fortzusetzen. Wenige Tage nach dem Abzuge der Hülfstruppen hob er die Belagerung auf und kehrte in sein Land zurück. Georg vom Stein aber säumte nicht, sogleich nach Burg Eberstein zu eilen, wo

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_297.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)