„Erlöse mich aus meinem Grabe,
Und dich erwartet reicher Lohn!
Die Blumen, wie vom Thau sie glänzen,
Sie sollen deine Stirne kränzen,
Befreist du mich vom Zauberschlaf!“ –
„Mich lüstet’s nicht nach deinem Kranze,
Nicht trüb’ er meines Herzens Ruh!
Ein Kranz der reinsten Minne zu;
Behalte deiner Blumen Fülle,
Mir lacht ein dauernderes Glück;
Zieh’ nur, entsagend, in die Hülle
„Ach, schöner Knabe!“ – sang sie wieder –
„O wüßtest du, was du verschmähst!
Was trägt dir denn der Schatz der Lieder,
Den rings du in die Lüfte sä’st?
Doch nimmst die Blumen du von mir,
Wird jede zum Juwel dir werden,
Und Glanz und Ruhm sich häufen dir!“
„O laß mich!“ rief er – „Solche Gaben
Am Frühlingsgold will ich mich laben,
Vom Gold der Tiefen unbeschwert;
Der Thau in Augen und in Blüthen
Ist mit der köstlichste Demant,
Der längst sich überreich genannt?“ –
„Trotzvoller Knabe, laß dir rathen!
Ein andres Kleinod dir noch blüht,
Um das in Liedern und in Thaten
Laß führen dich zu einer Blume,
Die manches Lebens Sonne war,
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_383.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)