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„Badische Landesgeschichte“ S. 518. – Kaspar Maler, Badischer Amtskeller und Landschaftsschreiber, lebte von 1580–1648.

Eduard Brauer, in seinen „Sagen und Geschichten der Stadt Baden und Umgegend etc.“ (Seite 148) hat diese Kindesliebe poetisch gefeiert.


Die Pest in Pforzheim.

Welch Lärmen, welch Gedränge
Stört Pforzheim’s Morgenruh’?
Was treibt in bunter Menge
Das Volk dem Rathhaus zu?

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O wär’ es nie gesprochen

Das schauervolle Wort:
„Die Pest ist ausgebrochen!“
So tönts von Ort zu Ort.
Heute roth,

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Morgen todt –

Hilf uns Herr, in der letzten Noth!
Und wer noch wandelt im goldenen Licht,
Gedenke des Todes, der Christenpflicht!

O Leid! in jedem Hause

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Kehrt Klag’ und Jammer ein;

Die Würgerin, die grause,
Verschont nicht Groß und Klein;
Das Kind, den kräft’gen Gatten,
Das Weib im Schönheitsglanz,

20
Den Greis, den altersmatten,

Die Braut im Myrthenkranz.
Heute roth,
Morgen todt –
Hilf uns, Herr, in der letzten Noth!

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Und wer noch wandelt im goldenen Licht,

Gedenke des Todes, der Christenpflicht!

Verödet stehn die Straßen,
Es schweigt der Arbeit Schall,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_397.jpg&oldid=- (Version vom 9.2.2018)