Seite:Badisches Sagenbuch II 410.jpg

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ein, was der Lehrjunge ablehnte, der Schneider aber annahm, worauf ihm der Grüngekleidete hineinhalf und dann selbst einstieg. Kaum war dies geschehen, so erhob sich die Kutsche in die Luft und fuhr schnell wie der Wind über Berg und Thal, so daß den Schneider die Besinnung verließ. Als er wieder zu sich kam, war es Morgen und er lag allein am öden Meeresufer, wo ein Schiff anhielt. Er wußte sich nicht anders zu helfen, als daß er die Schiffleute bat, ihn mitzunehmen, was sie auch thaten. Sie segelten nach Ostindien. Daselbst blieb der Schneider zwanzig Jahre lang, nach deren Verlauf er nach Wössingen, wo man ihn längst für todt gehalten, zurückkehrte. Weil er aber seine Frau an jenen Lehrjungen, der unterdessen Meister geworden war, verheirathet fand, nahm er seine beiden Söhne von ihr und begab sich mit ihnen an seinen vorigen Wohnort in Ostindien, von wo er nichts mehr von sich hat hören lassen.

(Siehe Mone’s „Anzeiger etc.“ Jahrg. 1839.)


Das mildthätige Männlein.

Ein armes Mädchen aus Heidelsheim, welches im dortigen Wald einem Männlein begegnete, fragte dasselbe, wo sie Späne finden könnte. „Späne habe ich keine gesehen, wohl aber Kohlen!“ erwiederte das Männlein, führte darauf das Mädchen zu einem Haufen Holzkohlen und sprach: „Mache deinen ganzen Korb voll; sie werden gewiß gut brennen.“ Nachdem das Mädchen solches gethan, schied sie von dem Männlein, um nach Hause zu gehn. Unterwegs ward ihr der Korb so schwer, daß sie ihn fast nicht mehr fortbrachte, weßhalb sie einen gerade vorbeifahrenden Mann aus Heidelsheim bat, ihre Last auf seinen Wagen zu nehmen. Da er ihr dies abschlug, warf sie den Korb unmuthsvoll auf die Erde. Kaum lagen die Kohlen da, so gewahrte sie, daß sie zu lauter Gold- und Silbermünzen geworden waren; mit Hülfe des Schulzen, der dazu kam, las sie nun all’ das Geld sorgsam auf und trug es glücklich nach Hause.

(Siehe Mone’s „Anzeiger etc.“ Jahrg. 1838.)
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_410.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)