Ach, händeringend bat der Greis
Fast brechen ihm die Glieder; –
Umsonst: Erbarmen war hier karg,
Nur Eine, die Novizin, barg
Ein fühlendes Herz im Mieder.
Ihm dar die Maid, doch überrascht
Verhöhnen sie die Nonnen.
In der Angel knarrt die Pfortenthür,
Gelächter schallt wie Spott herfür –
Des Fremden Auge blitzend rollt,
Sein Fluch wie dumpfer Donner grollt;
Und rasch mit seinem Stabe
Hat er berührt den Boden kaum,
Versunken im Erdengrabe.
Wehklage stöhnt aus tiefem Grund,
Rings zischen Flammen aus dem Schlund,
Drinn Wasser draußen und gischen.
Wie durch ein Wunder grünend ruht
Ein kleines Eiland dazwischen.
Hier, sichtbarlich in Gottes Hand,
Inmitten der Zerstörung stand
Sie führt zum Uferstrand der Greis,
Indeß ertönt vom Wasser leis
Des Nonnenchors Vigilie.
„Kehr’ zu den Deinen,“ – sprach er sanft, –
Daß ich Dein Herz belohne,
Um Mittnacht mit dem Liebsten hier
Zum Brautgeschenk verehr’ ich Dir
Den Schmuck der Myrtenkrone!“
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 423. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_423.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)