Seite:Badisches Sagenbuch II 443.jpg

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ungemein lebhaft zu. Der Tyroler hatte alle Taschen voll Geld. Indessen war Bastian bis zum Tische vorgedrungen. Kaum erblickte ihn der Tyroler, so rief er ihm freudig zu: „Grüß dich Gott, Bruderherz, komm her, versuche dein Glück ebenfalls! Da, der Wurf soll für dich gelten!“ – „Gilts?“ – fragte der Jude. – „Meinetwegen!“ – rief Bastian, selbst nicht wissend, wie ihm geschah. Die Würfel rollten, Bastian hatte gewonnen; der Jude zahlte mit verbissenem Grimme und warf von Neuem. Zum zweitenmale gewann Bastian und spielte nun weiter. Der Tyroler war verschwunden. Bastian gewann noch einigemale, dann aber wendete sich das Glück, das Spiel schwankte herüber, hinüber, und auf einmal verlor Bastian hintereinander nicht nur sein bereits gewonnenes, sondern auch den größten Theil seines mitgebrachten Geldes. Da zitterte seine Hand; er wollte den Würfelbecher niederlegen, doch ein alter bärtiger Wachtmeister, mit ernstem grämlichem Gesichte, der hinter ihm stand, brummte ihm in die Ohren: „Nicht nachgelassen! Das Glück dreht sich wieder; doppelt gesetzt!“ Bastian wagte, verlor, und stand wie vernichtet. – „Da hast du Geld!“ – raunte ihm der Wachtmeister wieder zu, ihm einen Beutel in die Hand schiebend – „setz’ nur frisch zu, das Glück dreht sich doch noch!“ Bastian war in der größten Beklommenheit; er wollte wegen des Geldes seine Besorgniß äußern, er möchte unvermögend seyn, es je wieder zurückzuerstatten, allein der Wachtmeister ließ ihn nicht zu Worte kommen und sagte immerfort: „Spiel nur, spiel’!“ Bastian griff abermals nach dem verhängnißvollen Becher. Aber auch nicht ein einzigesmal mehr gewannen seine Würfel und nicht lange, so war auch der geliehene Beutel in des Juden Händen. „Jetzt bist du mir fünfzehn Gulden schuldig!“ – flüsterte ihm der Wachtmeister zu und folgte dem vor Entsetzen Wankenden aus dem Gedränge, führte ihn in ein abgelegenes Zelt, ließ Wein kommen und sprach dem betäubten unglücklichen Bastian so lange zu, bis dieser aus lauter Verzweiflung mehrere Gläser rasch nacheinander leerte. Sein ohnehin aufgeregtes Blut gerieth durch das Feuer des Weines in noch heftigere Bewegung. Sein letztes klares Bewußtseyn schwand, noch zwei Soldaten setzten sich an den Tisch; Bastian trank mit

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 443. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_443.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)