Seite:Badisches Sagenbuch II 446.jpg

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was wird aus meiner guten Liese werden! – In diesem Augenblick kam ihm die treue Pflegerin, die er eben wecken und auf das Aergste vorbereiten wollte, gefaßt und ruhigen Antlitzes entgegen. „Wir stehen ja in der Hand des lieben Gottes;“ – sagte sie, bereits unterrichtet von der drohenden Gefahr – „Fürchtet Euch nicht, Väterchen! Das Schlimmste, was uns etwa treffen mag, ist der Tod, und all’ unsre Lieben sind uns bereits vorausgegangen in den Himmel!“ – Nach diesen Worten kleidete sie sich sorgfältig an und verrichtete mit dem Vater ein herzliches Gebet. Kaum aber war dies zu Ende, als an der Hüttenthüre ein heftiges Pochen erscholl. Der Alte öffnete mit bangem Zagen. Ein Hauptmann trat herein, gefolgt von zwei Soldaten und viele andere blieben zur Bewachung draußen zurück. Der Hauptmann fragte nach des Fischers Namen, sprach ihm Muth ein und versicherte ihm, daß ihm kein Leid widerfahren solle, jedoch nur unter der Bedingung, daß er sich ruhig verhalte und keinen Schritt außerhalb der Hütte thue. Denselben Befehl gab er auch dem Mädchen, stellte hierauf zwei Mann als Wache vor die Thüre, entfernte sich wieder und ließ nahe bei der Hütte sein Zelt aufschlagen. Rings herum lagerte seine Mannschaft.

Fortwährend mehrte sich das Kriegsgetümmel. So weit das Auge reichte, blinkten Rüstungen und Waffen; Wagengerassel, Trommetengeschmetter lärmten durcheinander und in der Ferne rauschte die Feldmusik. Nicht minder lebhaft ging es in der Stadt zu; die Wachen wurden vermehrt; die Thore verrammelt, beim Geschütze standen die Kanoniere mit brennenden Lunten; mit allen Glocken wurde geläutet. Hamm und Liese konnten von ihrem Fenster aus Alles übersehen. Ihre Herzen pochten allmälig ruhiger, je mehr sich ihre Augen an den betrübenden Anblick gewöhnten; als aber plötzlich, an der Spitze seines Gefolges, der Städteverwüster Tilly vorbeiritt, da fühlte sich Liese von einer solchen Angst überfallen, daß sie mit dem Schrei „Gott sey uns gnädig!“ in die Arme des nicht minder bebenden Greises sank.

Bald darauf begann der Donner des Geschützes, die Trommeln wirbelten zum Sturme, dazwischen hallte das Geschrei der Krieger und der erste Angriff auf die Stadt erfolgte. Verzweifelte

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_446.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)