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Als wenn er noch zu buhlen hätt,

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Ging doch nur wieder von ihr hin,

Wie vor auch zu Sanct Katharin.

Ob dieser Antwort das Gemüth
Der edlen Frau war tief betrübt,
Sie sprang im Zorn vom Bett herab,

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Und stach sich selbst die Kehle ab.


Der Ritter vom Gebet heim kam,
Die Trauerbotschaft nun vernahm,
Sah sein Gemahl des Tods verschieden,
Und dort im Blut umwälzet liegen,

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Erschrack er sehr, sein Herz ward kühl,

Daß er in ein Ohnmacht hinfiel.

Da er nun wieder zu sich kam,
Hub bitterlich zu weinen an,
Klopft an sein Herz, rauft aus sein Haar,

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Und sprach zu sich in der Gefahr:

„O heilge, heilge Katharin,
Sieh an, in welcher Noth ich bin!
Ach, ich hab’ meine Treu verloren,
Und bin meineidig an dir worden!“

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Mit diesen Worten lief er hin

Zur Kirche der Sanct Katharin,
Mit Seufzen er sein’ Bitt vorbracht,
Bis um ihn her war dunkle Nacht,
Und traurig prächtig Stern bei Stern

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Durch’s Kirchenfenster sah von fern.


Mit ihren Jungfrau’n da erschien
Die heilge Jungfrau Katharin,
Dem Ritter, der vor dem Altar
Da lag und halb entschlafen war;

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Ging zu ihm hin, wischt seine Augen,

Mit ihren beiden Beijungfrauen.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_454.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)