Seite:Badisches Sagenbuch II 462.jpg

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ihre Seele, doch im Hintergrunde stand immer das Bild Albrechts mit seinem wonneverklärten Blicke. Das Fräulein freute sich auf den kommenden Festtag, sie konnte fast die ganze Nacht nicht ruhen vor Erwartung, sich aber auch unerklärlicher Weise einer bangen Ahnung nicht erwehren, die wie eine finstere Wolke durch den Himmel ihrer Seele glitt.

Der Morgen kam, es wurde Nachmittag, doch die Sonne wollte sich nicht blicken lassen und blieb in einem trüben Schleier verhüllt, während ein rauher Wind durch das Thal strich. Dessenungeachtet sammelten sich eine Menge Gäste und Zuschauer zu dem festlichen Schauspiel; auch der Graf Walther fand sich ein, und an seiner Seite schritt in stattlichem Putze die schöne Adelheid. Heller Jubel erfüllte die Mauern der Burg, heller Jubel wiederhallte draußen unter dem versammelten Volke. Da schien selbst der Himmel freundlicher zu werden, die Wolken theilten sich und ein heiterer Sonnenblick überstrahlte die ganze lachende Landschaft. Jetzt trat Albrecht, schön geziert mit festlichem Gewande, auf die hohe Zinne der neuverjüngten Burg. Neben ihm, an einem dort aufgepflanzten grünen Lerchenstamme, hing der Kranz, mit Adelheids daran flatterndem Bande. Kühn und frei um sich blickend stand Albrecht auf dem erhabenen Mauergipfel, der Lärm des Volkes verstummte, Alles lauschte nur dem Bauspruche und der Jüngling begann:

„Wir haben fest auf Gott vertraut
     Und diese Mauern aufgebaut;
Gott schützte Alle die da waren,
     Kein Unglück ist uns widerfahren.

„Drum blickt mit dankerfülltem Sinn
     Zum treuen Himmelsvater hin,
Das Herz zu ihm emporgehoben,
     Laßt uns sein göttlich Walten loben!“

Hier ward ihm ein Becher voll Wein gereicht; hoch schwang er ihn empor und sprach fort:

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 462. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_462.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)