Die Ruine dort, der Zeit
Doch hier wacht noch eine Seele:
Sey gegrüßt in deinem Strauch,
Sende mir den bangen Hauch,
Wunderbare Philomele!
Und du klagst es tief und laut,
Daß durch all’ die Blüthen schaut
Eine strenge Todesmiene.
Folgst dem Lenz auf seinen Zügen,
Vor der Täuschung bittrem Schmerz,
Straft ihn deine Stimme Lügen.
Doch nun schweigst du, wie zu lauschen,
Ob in dieser Maiennacht
Als der Lüfte leises Rauschen.
Die der Tod dahin genommen,
Die hier einst so glücklich war,
Der geschiednen Seelen Schaar –
Von den öden Schattenheiden
Rief des Frühlings mächtig Wort
Sie zurück zum schönen Ort
Ihrer hingeschwundnen Freuden.
Sammelt sich der Geisterschwall,
Wo du lauschest, Nachtigall,
Halten sie den stummen Reigen.
Und sie streifen und sie drängen,
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 478. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_478.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)