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Eberhard der Heilige.
1147.

Zimbeln ertönen und Pauken erschallen,
Jubel durchrauschet die gastlichen Hallen,
Freundlich bewirthet auf Heidelbergs Veste
Drängen sich wacker die stattlichen Gäste;

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Konrad der Pfälzer gibt jeglichen Tag

Köstliche Mahlzeit und fürstlich Gelag.

Edele Ritter und züchtige Frauen,
Zierliche Mädchen, gar minnig zu schauen,
Lieben und scherzen im Pfälzischen Hause,

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Lachen und jauchzen bei reichlichem Schmause,

Spotten der Zeiten ermahnenden Drang
Jubelnd von dannen mit Spiel und Gesang.

Eberhard einzig, er schleichet sich leise
Fort aus der Freuden berauschendem Kreise;

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Hin, wo die waldigen Berge sich senken,

Suchet der Jüngling, die Schritte zu lenken;
Dort, wo ihn Einsamkeit friedlich umweht,
Liegt er oft Stunden im frommen Gebet.

Konrad, der Gründer der Pfälzischen Staaten,

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Ehrte des Christenthums heilige Saaten;

Tapfer in Schlachten und bieder im Leben,
Wußte dem Glauben er Früchte zu geben;
Darum erwählt er zum Lehrer fortan
Klüglich den Söhnen den heiligen Mann.

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Aber des Lebens urkräftiges Walten

Sollte kein heuchlerisch Wesen erkalten;
Darum verbot er mit ernstlichen Worten,
Frömmelndes Treiben an jeglichen Orten:
„Saget ihr tausend Gebete auch her,

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Recht thun,“ – so rief er – „gilt dorten noch mehr!“
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 482. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_482.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)