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Zur Wahrheit wird das Unglückswort

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Das jene Stimme rief!“ –

Mein edler Herr, Gott schütze Euch!
Ich kann Euch nicht verstehn;
Sprecht Ihr von böser Ahnung denn,
Habt Geister Ihr gesehn?

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„Ich saß in meinem Speisesaal

Und aß, wie stets, allein,
Da tönt der mitternächt’ge Schlag
Durchs Fenster dumpf herein.
Und wie der letzte Schall erstirbt,

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Da wird so bang es mir,

Und eine Stimme, hohl und tief,
Ruft: „Wehe Pfalz! Weh’ dir!“[1]

„Ich hab in mancher heißen Schlacht
Den Tod schon angeschaut,

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Es hat mir nie vor seiner Macht,

Vor seinem Ruf gegraut.
Doch dieser Stimme Grabeston
Die dreimal ich gehört,
Hat meinen Muth, hat meine Kraft,

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Mein ganzes Mark verzehrt.

  1. „Dann wird’s mit der Pfalz bei Rhein verloren seyn! Was vor eine Menge von Truppen, was vor Lärmen und Gedränge!“ – Mit diesen Worten fuhr der kranke Kurfürst Karl eines Tages plötzlich aus dem Schlafe auf! Der bei ihm wachende Arzt erschrak darüber, aber nicht wegen des Inhalts der Worte – wie konnte er ahnen, welch traurige Weissagung sie enthielten? – Sichtbar schwanden von nun mit jedem Tage die Kräfte des Kurfürsten, und nach fünf Wochen um die Mittagszeit des 16. Mai 1685 erlosch sein abgezehrtes Leben.“
    (S. J. Baader’s „Badenia,“ 1. Jahrg. S. 277.

    Karls Tod – mit ihm endigte die Simmern’sche Linie des Pfälzischen Hauses – führte den Orleans’schen Krieg wegen der Pfälzischen Erbfolge herbei, der so verderblich für die Pfalz ward.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 533. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_533.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)