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„Seherin, ich bin gekommen
Aus dem fernen Frankenland,

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Mein Geschick von dir zu hören,

Wie sich’s in den Runen fand.“
Und er wollte weiter reden,
Doch im Herzen blieb das Wort,
Nur die Röthe seiner Wangen

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Sprach es leise für sich fort.


Und, wie von der Abendröthe
Rosenscheine überstrahlt,
Glühend roth die Wolken glänzen,
Feurig sich der Himmel malt,

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Also saß, von Gluth umflossen,

Jutta hier am Quellenrand:
„Morgen sollst du Alles hören,
Wie ich’s in den Runen fand!“

Als der Morgen war gekommen,

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Stand der Jüngling wieder da,

Und die Seherin verkündet,
Was sie in den Runen sah:
„Fremdling, deines Lebens Loose
Knüpfen sich an meine an;

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Denn mit Jetta sollst du gehen

Zu Walhalla’s Burg hinan!“

Da, im Uebermaß der Wonne,
Daß nicht Wahnsinn sey sein Traum,
Wirft er sich zu ihren Füßen

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Freudetrunken, glaubt es kaum;

Und wie einem Heil’genbilde
Küßt er zagend ihre Hand;
Und die Herzen sind vereinet,
Und geschlungen ist das Band.

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Von der Heimath weit getrennet,

Ferne von des Vaters Haus,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 551. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_551.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)