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Und, von wilden Zahn zerfleischet,
Liegen Glieder rings herum!
Eine freche Mördergrube
Ist das stille Heiligthum!

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Viele Jahre sind verflossen,

Doch die Quelle rieselt fort;
Und die Buchenbäume flüstern
Immer noch von Jetta’s Mord;
Selbst die Goldforellen unten

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In des Brunnens tiefem Grund,

Lauschend auf der Blätter Säuseln,
Tragen ihn von Mund zu Mund!

Fliegendes Blatt.


Am Wolfsbrunnen bei Heidelberg.

Du edler Brunnen du, mit Ruh und Lust umgeben,
Mit Bergen hier und dort als einer Burg umringt,
Du herrlichster der Quell’n, aus welchem Wasser dringt,
Anmuthiger denn Milch und köstlicher denn Reben.

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Du unsers Landes Kron’ und Haupt, in seinem Leben

Die werthe Nymph’ oft selbst die lange Zeit verbringt,
Du, deß’ Geflügel ihr zu Ehren lieblich singt,
Wo nur Ergötzlichkeit und keusche Wollust schweben.

Vergeblich bist du nicht in dieses grüne Thal

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Beschlossen von Gebirg und Klippen überall;

Die künstliche Natur hat darum dich umfangen

Mit Klippen und Gebüsch, auf daß man wissen soll,
Daß alle Fröhlichkeit sey müh- und arbeitsvoll,
Und daß auch nichts so schön, es sey schwer zu erlangen.

Martin Opitz.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 553. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_553.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)