Seite:Badisches Sagenbuch II 567.jpg

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Der Diener sieht den Herzog an,
Und spricht: „So ist’s geschehen,

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Daß sie des Leids sich abgethan,

Ihr werdet selbst es sehen!“ –

Nach dreien Tagen in der Nacht
Glänzt hell vom Fackelscheine
Des Grafen Schloß in düstrer Pracht

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Aus dunkelm Eichenhaine;

Doch still ist’s drinnen in dem Schloß
Mit Werken und mit Worten;
Da kommt der Herzog hoch zu Roß,
Und donnert an die Pforten.

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Der alte Graf läßt schnell ihn ein,

Und heißt ihn ernst willkommen,
Daß er zu seinem Töchterlein
Zur Hochzeit hergekommen;
Drauf führt er ihn durch einen Gang

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In feierlichem Schritte

Die Trepp’ hinauf die Hall’ entlang
Bis in des Hofes Mitte.

Doch still und stumm ist’s überall,
Erstorben scheint die Runde,

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Der hohen Mauern Wiederhall

Giebt keines Festes Kunde;
Da tönt kein Jubel, tönt kein Klang
Der an die Hochzeit mahne.
Der Wind nur saust die Burg entlang,

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Am Thurme knarrt die Fahne.


Scheu bleibt der Herzog stehn und spricht!
„Wie soll ich Dieses deuten?
So stumm und traurig pflegt man nicht
Die Hochzeit zu bereiten! –“

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 567. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_567.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)