Seite:Badisches Sagenbuch II 614.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ein anderes Mal verließ Doktor Faust Mittags um drei Viertel auf zwölf das Boxberger Schloß, um auf den letzten Glockenschlag zwölf Uhr bei einem Gelag in Heilbronn zu seyn. Er setzte sich in seinen mit vier Rappen bespannten Wagen und fuhr wie der Wind davon, so daß er richtig Schlag Zwölf in Heilbronn eintraf. Ein Arbeiter auf dem Felde hatte gesehen, daß gehörnte Geister vor dem Wagen den Weg eben pflasterten und andere hinter ihm die Steine wieder aufrissen und entfernten, um so jede Spur dieses Pflasters wieder zu vertilgen.

(Nach mündlicher Ueberlieferung, mitgetheilt von Baader, in Mone’s „Anzeiger für Kunde teutscher Vorzeit.“ Jahrg. 1838.)


Warum der Schillingstadter Schulze zu spät vor Amt kommt.

Zwei Ritter von Rosenberg waren in den Krieg gegen die Heiden gezogen. Kurze Zeit darauf kam der Jüngere wieder nach Hause, gab seinen Bruder für todt aus, und ließ sich von den Gemeinden des Amts Boxberg, als ihrem nunmehrigen Gebieter, huldigen. Nachdem er ein Jahr lang regiert hatte, kehrte der Todtgeglaubte zurück und vertrieb ihn aus dem unrechtmäßigen Besitzthum. Hierauf berief der Aeltere die Schulzen des Amtes miteinander nach Boxberg, erklärte die Versammelten, weil sie so voreilig und willig seinem Bruder gehuldigt, für treubrüchig und ließ sie sämmtlich durch den Möckmühler Scharfrichter bei der s. g. Wolfsgrube enthaupten. Der Schulze von Schillingsstadt stellte sich erst ein, als die Hinrichtung der Andern bereits vorüber war und wurde nahe dem Richtplatze, wo ihn der Weg vorbeiführte, vom Scharfrichter ergriffen. Es gelang ihm jedoch, diesen zu gewinnen, indem er ihm fünf Gulden versprach, welche derselbe für jeden Kopf vom Ritter zum Henkerlohn erhielt; worauf der Schulze mit Hinterlassung von Haus und Hof und Weib und Kind in das Kur-Mainzische Dorf Wittstadt entfloh.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 614. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_614.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)